Steckbrief
Geboren: 2. Juni 1951, Chanute, Kansas, Vereinigte Staaten
Verstorben: 31. März 2017, New York City, New York, Vereinigte Staaten
Geschwister: Ardonna
Beruf: Designer, Schauspieler, Bürgerrechtler, Bildender Künstler
Sternzeichen: Zwillinge
Gilbert Baker – farbenfroher Botschafter für sexuelle Toleranz
Sein Leben war so bunt und bewegt, wie sein Meisterwerk: Der Künstler Gilbert Baker erschuf in den 1970er Jahren die Regenbogenflagge als Zeichen für sexuelle Toleranz und Gewaltfreiheit. Er war Menschenrechtler und eine Ikone der Schwulen- und Lesbenszene.
Die Botschaft der Regenbogenflagge
Warum sollen Männer nicht Männer und Frauen nicht Frauen lieben können? Homosexuelle hat es schon immer gegeben. In manchen Kulturen galt die gleichgeschlechtliche Liebe sogar als äußerst schick und nobel. Gilbert Baker wuchs in einem weniger toleranten Klima auf. In den USA der 1950er und 1960er Jahren galt Homosexualität in den meisten Bundesstaaten noch als Straftat.
Mit der Regenbogenflagge setze der schwule Künstler ein Zeichen für die Vielfalt der Natur und den friedlichen Umgang mit Anders-Liebenden. Schon seit dem Mittelalter nutzten Freiheitskämpfer den Regenbogen als Symbol. In Deutschland schwenkten die Kämpfe der Bauernkriege den Regenbogen für mehr Freiheit und soziale Gleichheit. In den 1960er Jahren kreierte die italienische Friedensbewegung die heute noch bekannte „Pace“ (ital. für „Frieden“) Flagge.
Der Künstler Gilbert Baker übernahm das Symbol wenig später für den friedlichen Kampf für sexuelle Freiheit. Er hat die Flagge also nicht wirklich erfunden, sie aber weltberühmt gemacht. Trotz seiner Popularität erhob Baker niemals markenrechtliche Ansprüche auf die Regenbogenflagge. In seinem Entwurf sah er ein freies Geschenk für die ganze Menschheit.
Vom prüden Kansas ins liberale San Francisco
Gilbert Baker wurde am 2. Juni 1951 in Chanute im US-Bundesstaat Kansas geboren. Seine Eltern waren ein Richter und eine Lehrerin, die Großmutter hatte ein Bekleidungsgeschäft und nähte selbst. Das Umfeld war prüde und konservativ. Bis heute zählt Kansas zu den schwulenfeindlichsten Orten der USA. Bakers Pläne Schneider und Modedesigner zu werden, wurden von den Eltern kritisch gesehen.
Um der Kleinbürgerlichkeit und Enge Kansas zu entgehen, meldete sich Baker im Alter mit 19 Jahren zum Militärdienst. Mit der Ausgrenzung und Anfeindung, die ihm dort begegnen sollten, hatte er allerdings nicht gerechnet.
Ihm blieb nur eine Lösung, den homophoben Attacken seiner Kameraden zu entgegen – der Sanitätsdienst. Für Baker sollte der Wechsel zu den Versorgungseinheiten ein wahrer Glücksgriff werden. Immerhin wurde er kurz darauf ins ferne Kalifornien und schwulenfreundliche San Francisco verlegt.
Schon während seiner Militärzeit hat er heimlich angefangen, sich das Nähen beizubringen. Nach dem Ausscheiden machte er intensiv weiter und erfüllte sich seinen großen Traum: Er wurde Designer.
Im liberalen Klima San Francisco fühlte er sich endlich pudelwohl. Bald lernte er einflussreiche Gesichter der Schwulenszene kennen. Unter seinen Freunden war auch der bekannte Politiker und Menschenrechtler Harvey Milk.
Eine Karriere als Künstler und Designer
Als Liebhaber der knallbunten Designs war Baker in der Gay-Community beliebt. Er konnte aber auch „normal“ und entwarf eingängige Banner und Symbole für eine internationale Flaggen-Fabrik.
Kein Wunder also, dass Harvey Milk ausgerechnet Baker damit beauftragte, eine neue Flagge für die Schwulenbewegung zu entwerfen. Das Klima im San Franciscos war zwar toleranter als anderswo, trotzdem nicht frei von Spannungen. Milk und weitere politische Aktivisten kämpften in den 1970er friedlich für die Anerkennung der Homosexualität und gegen den allgemeinen US-amerikanischen Konservatismus.
Geplant war eine Parade unter dem Motto „Gay Freedom Day“. Zu diesem Anlass sollte die neue Flagge für sexuelle Freiheit und Gleichheit zum ersten Mal präsentiert werden.
Baker ging begeistert ans Werk. Später kommentierte er die Beginne seiner Arbeit mit den Worten: „Ich war einfach zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle.“ Im Gay Community Center nähte und bastelte er wochenlang mit dreißig Helfern.
Zum Regenbogensymbol sagte der Künstler: „Der Regenbogen erschien mir perfekt, er drückt auf natürliche Weise die Vielfalt unserer Rassen, Geschlechter und Altersgruppen aus – und er ist ein Symbol des Himmels.“
Ursprünglich sollte seine Flagge, anders als bisherige Varianten, acht statt sechs Farben zeigen: Pink für Sexualität, Rot für die Lebensfreude, Orange als Farbe der Heilung, Gelb für die Sonne, Grün repräsentiert die Natur, Türkis steht für Magie, Blau für Frieden und Violett für den freien Geist.
Aus Mangel an pinken und türkisen Stoffen fielen die beiden Farben schlussendlich wieder weg. Die Originalflagge von damals ist heute im New Yorker Museum of Modern Art zu bestaunen.
Sonnige Zeiten unter dem Regenbogen
Der Mord an Harvey Milk im Herbst 1978 hatte San Francisco unter Schock gesetzt. Danach öffnete sich die Stadt für eine neue Welle der Liberalisierung und Gilbert Baker war mit dabei. Für San Franciscos erster Bürgermeisterin Dianne Feinstein entwarf er Plakate und Labels.
In den kommenden Jahren schwenkten Schwule und Lesben auf der „San Francisco Gay Pride“-Parade am liebsten von Baker entworfene Flaggen oder trugen seine bunten Kostüme.
Für die Demokratische Partei der USA stattete er einen kompletten Parteitag in San Francisco künstlerisch aus. Seine Design-Tätigkeit war weltweit gefragt. Baker erschuf Buntes, Schräges und Ausdrucksstarkes für liberale Politiker, Staatsoberhäupter, Promis und Adelige.
Zum 25. Jahrestag der Stonewall Unruhen schneiderte eine Riesen-Regenbogenflagge. Das mehrere hundert Meter lange Stück wurde 1994 von Schwulen und Lesben durch die Straßen New Yorks getragen. Sie gedachten damit den Ereignissen von 1969, die sich rund um die Schwulen-Bar Stonewall Inn und die Christopher Street ereignet hatten. Damals wehrten sich Schwule und Transvestiten gegen die Verhaftung durch die New Yorker Polizei.
2003 präsentierte er eine noch größere Version seines Meisterwerks. Erstmals in allen 8 Farben und zwei Kilometer lang schlängelte sich die bunte Pracht durch die Straßen von Key West (Florida).
Der Mensch und Mann Gilbert Baker
Obwohl Gilbert Baker ein schillerndes Gesicht der Schwulen- und Lesbenbewegung war, wurde über sein Privatleben nur sehr wenig bekannt. Wenn er in der Öffentlichkeit erschien, dann mit seiner wahrscheinlich größten Liebe, der Regenbogenflagge.
Wen er in privaten Räumen liebte und ob er sich in Beziehungen befand, behielt der umtriebige Künstler lieber für sich.
Im Jahr 2012 setzte ihm ein plötzlich erlittener Schlaganfall schwer zu. Mühsam kämpfte er sich zurück ins Leben, blieb aber eingeschränkt. Am 31. März 2017 fand man Baker tot in seinem New Yorker Appartement. Mit nur 65 Jahren war die Künstler-Ikone an Herzversagen viel zu früh gestorben.
Nach dem Bekanntwerden seines Todes ehrte ihn Google, indem wochenlang die Regenbogenflagge als „Doogle“ gehisst wurde. Millionen von Schwulen und Lesben weltweit änderten ihre Social-Media-Profilfotos und tauchten die virtuelle Welt in ein Meer aus Regenbogenfarben. Seine nach ihm benannte Stiftung Gilbert Baker Foundation setzt sich auch weiterhin für die Rechte der LGBT-Community ein.
Fotos: belyaaa / stock.adobe.com; Gareth Watkins – Eigenes Werk, CC BY 3.0, Link; Cahtls – Own work, CC BY-SA 4.0, Link