StartLifestyleErfolg & MotivationWenn die Realität bröckelt: Falsche Erinnerungen mit dem Mandela-Effekt

Wenn die Realität bröckelt: Falsche Erinnerungen mit dem Mandela-Effekt

Sich zu irren ist menschlich und passiert uns allen mehrmals täglich. Man ist sich sicher, die richtige Antwort zu wissen oder eine korrekte Information zu verbreiten – nur um dann festzustellen, dass man sich getäuscht hat. Aber wann genau spricht man bei falschen Informationen vom sogenannten Mandela-Effekt?

Bei diesem Effekt geht es nicht nur darum, dass Menschen sich irren, sondern sie sind geradezu felsenfest von einer nicht realen Erinnerung überzeugt. Sie erinnern sich genau an Umstände und Details im Zusammenhang mit ihrer falschen Wahrheit und sind teilweise von deutlichen Beweisen nicht umzustimmen.

Was hat Mandela damit zu tun?

Wissenschaftlich nennt man dieses Phänomen eigentlich „Konfabulation“, aber der Name „Mandela-Effekt“ hat sich umgangssprachlich durchgesetzt. Das kommt daher, dass es im Zusammenhang mit Nelson Mandelas Tod zu einer der bekanntesten gekommen ist, an der Millionen von Menschen beteiligt waren:

Der bekannte südafrikanische Präsident ist als Freiheitskämpfer angeblich in den 80er Jahren im Gefängnis gestorben. Die Nation trauerte, seine Frau hielt eine bewegende Rede. An diese Nachrichten erinnern sich viele Menschen und halten bis heute daran fest. Tatsächlich ist aber nichts davon passiert. Fakt ist: Nelson Mandela wurde im Jahr 1990 aus der Haft entlassen und ist erst im Alter von 95 Jahren (in Freiheit) an einer Lungenentzündung gestorben.

Die Tatsache, dass die falschen Informationen sich in der Erinnerung so vieler Menschen widerspiegeln, nahm sich die Autorin Fiona Broome zum Anlass, die Website MandelaEffect.com zu gründen, wo inzwischen von tausenden Menschen derartige Fehlerinnerungen gesammelt und geteilt werden.

Der Mandela-Effekt im Alltag

Wenn du jetzt denkst, so etwas sei dir zum Glück noch nie passiert, dann sei dir damit besser nicht zu sicher. Denn viele derartigen Phänomene werden nie aufgedeckt, weil sie vielleicht nicht zum Gespräch kommen oder vom Umfeld nicht versucht wird, sie zu korrigieren.

Auch du warst bestimmt schon oft im Alltag absolut überzeugt, dass die Erinnerung an ein bestimmtes Ereignis absolut korrekt ist, das in Wahrheit jedoch ganz anders oder sogar nie so stattgefunden hat. Dabei kann es sich zum Beispiel um Kleinigkeiten wie dein Frühstück von letzter Woche handeln, oder auch um große Fakten wie bestimmte Weltereignisse.

Wie kannst du den Mandela-Effekt vermeiden?

Um den Mandela-Effekt zu überwinden, ist Selbstreflexion entscheidend. Akzeptiere, dass falsche Erinnerungen menschlich sind, recherchiere nach Fakten, diskutiere mit anderen und sei flexibel genug, deine Meinung zu ändern, wenn überzeugende Beweise auftauchen. Verurteile nicht diejenigen, die ähnliche Erinnerungen haben, und wenn du häufig mit falschen Erinnerungen zu kämpfen hast, scheue dich nicht, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Der Mandela-Effekt ist ein faszinierendes Phänomen, das uns daran erinnert, wie anpassungsfähig unser Gehirn ist, und mit den richtigen Herangehensweisen können wir besser verstehen, warum wir an falsche Erinnerungen glauben und wie wir mit ihnen umgehen können, ohne in Verwirrung oder Unsicherheit zu verfallen.

So erklärt die Wissenschaft den Mandela-Effekt

Man kann sich Konfabulationen ganz speziell erklären, so wie es manche Menschen tun. Für die sind sie nämlich Beweise für die Existenz von Paralleluniversen, aus denen die alternativen Ereignisse zu uns hinübergelangen, manchmal auch das Ergebnis von Zeitreisenden, die das Ereignis verändert haben. Oder man lässt sich die falschen Erinnerungen von der Gehirnforschung erklären.

Unser Gehirn funktioniert nicht wie eine Kamera, sondern entscheidet ständig ganz individuell, welche Daten und Fakten es abspeichert. Es fokussiert sich vor allem auf subjektive Wahrnehmungen, da diese für dich besonders wichtig sind und in dein persönliches Weltbild passen. Dabei geht, zumindest im Bewusstsein, eine Menge verloren. Zwar wird im Unterbewusstsein viel mehr gespeichert, darauf haben wir allerdings kaum Zugriff. Wenn du versuchst, eine unvollständige Erinnerung abzurufen, bemerkt dein Gehirn dann unter Umständen, dass Details fehlen. Es erfindet dann einfach fehlende Informationen dazu, um wieder ein schlüssiges Gesamtbild entstehen zu lassen, mit dem du dich sicher kannst.

Es ist also kein böser Wille dabei und du lügst auch nicht wirklich, denn dein Gehirn stellt dir diese Informationen zur Verfügung, um dein Weltbild aufrechtzuerhalten und verkauft sie dir als absolut wahr. Dadurch werden deine eigenen Erinnerungen manipuliert. Du kannst also überhaupt nicht anders, als mit Überzeugung dahinterzustehen.

Du bist immer noch nicht überzeugt davon, dass es sich nicht um Lügen handelt, die Unwissenheit überspielen sollen? Dann hilft dir vielleicht die Tatsache, dass Konfabulationen auch bei an Alzheimer-Erkrankten eine große Rolle spielen. Und niemand würde Betroffenen dieser Erkrankungen bewusstes Lügen vorwerfen.

In einer Studie aus dem Jahr 2002 wurde untersucht, wie manipulierte fotografische Beweise dazu beitragen können, falsche Kindheitserinnerungen zu erzeugen. Diese kann ebenfalls interessante Hinweise darauf liefern, wie kollektive falsche Erinnerungen entstehen.

Wissenschaftliche Untersuchungen zum Mandela-Effekt

Eine Studie¹ mit dem Titel „A picture is worth a thousand lies: Using false photographs to create false childhood memories“ versuchte im Jahr 2002 herauszufinden, wie leicht es ist, falsche Kindheitserinnerungen mithilfe manipulierter fotografischer Beweise zu erzeugen. Die Forscher wollten untersuchen, ob Menschen anhand von gefälschten Fotos tatsächlich falsche Erinnerungen an Ereignisse aus ihrer Kindheit entwickeln könnten, die nie stattgefunden hatten.

In einem der Experimente wurden den Teilnehmern gefälschte Fotos gezeigt, die sie angeblich in einem Heißluftballon oder einem Heißluftluftschiff als Kinder zeigen sollten. Diese Ereignisse hatten jedoch nie stattgefunden. Die Teilnehmer wurden gebeten, sich an diese Erfahrungen zu erinnern und detaillierte Informationen darüber zu geben.

Die Ergebnisse der Studie waren bemerkenswert. Viele Teilnehmer entwickelten tatsächlich falsche Erinnerungen an die Ereignisse auf den gefälschten Fotos. Sie konnten oft sehr lebendige und überzeugende Geschichten über ihre vermeintlichen Erlebnisse in einem Heißluftballon oder Luftschiff erzählen, obwohl diese Erinnerungen vollständig konstruiert waren.

Diese Studie über falsche Erinnerungen und zeigt, wie manipulierte visuelle Beweise dazu beitragen können, solche Erinnerungen zu schaffen. Sie unterstreicht die Flexibilität des menschlichen Gedächtnisses und die Tatsache, dass Erinnerungen durch suggestive Techniken und falsche Informationen beeinflusst werden können.

Obwohl diese Studie nicht direkt den Mandela-Effekt untersucht, da er zu der Zeit möglicherweise nicht so bekannt war, bietet sie dennoch Einblicke in das Phänomen der falschen Erinnerungen und wie sie entstehen können. Sie trägt dazu bei, unser Verständnis davon zu vertiefen, wie Menschen zu festen Überzeugungen von Ereignissen gelangen können, die nie stattgefunden haben, was im Zusammenhang mit kollektiven falschen Erinnerungen, wie sie beim Mandela-Effekt auftreten, von Bedeutung ist.

Noch mehr bekannte Mandela-Effekte

Jetzt kannst du einmal testen, wie vielen der bekanntesten Mandela-Effekten du selbst ausgeliefert bist, ohne dass es dir so wirklich bewusst war. Hier sind einige Beispiele der bekanntesten Konfabulationen, von denen verblüffend viele Menschen spontan schwören würden, sich korrekt zu erinnern:

Luke, I am your father

Das war der berühmte Satz in den Star Wars-Filmen, mit dem Darth Vader endlich seinen Sohn informiert hat, von wem dieser abstammt. Tausendfach wird der Satz in allen möglichen Kontexten zitiert, und ist dennoch immer falsch. Denn eigentlich sagt der Filmcharakter: „No, I am your father!“.

Pikachus Schwanzspitze

Wenn du dir die berühmte gelbe Comicfigur vorstellst, siehst du dann auch ganz deutlich die schwarze Schwanzspitze vor deinem inneren Auge? So geht es scheinbar vielen, denn wenn sie Bilder vom Pikachu mit und ohne schwarze Schwanzspitze gezeigt bekommen, schwören die meisten auf die Version mit schwarzem Schwänzchen. Die ist aber leider nicht richtig.

Der Monopoly-Mann

Versuch doch jetzt ganz schnell, den kleinen Comic-Mann auf dem Monopoly-Spiel zu beschreiben. Geldsack in der Hand, Hut auf dem Kopf und natürlich ein Monokel auf dem Auge, richtig? Falsch, der kleine Kerl hatte niemals so ein Augenglas. Trotzdem erinnern sich viele Menschen daran, als wäre es ein fester Bestandteil der ikonischen Figur.

Die Denker-Pose

Eine berühmte Statue des Bildhauers Auguste Rodin zeigt einen sitzenden Mann, der nachdenklich die Stirn auf seine Faust stützt. Vielfach wird diese Pose auf lustigen Schnappschüssen nachgebildet – und zwar meistens nicht richtig. Scheinbar gehen wir davon aus, ein wahrer Denker müsste seine vom Nachdenken schwere Stirn abstützen. Die Originalfigur jedoch stützt das Kinn und den Mund mit der Hand ab.

Der „Fruit of the Loom“-Korb

Das Logo der Kleidermarke zeigt viele bunte Früchte, die aus einem hornförmigen Weidenkörbchen quellen. Das würden erstaunlich viele Markenfans schwören und damit liegen sie alle falsch. Niemand weiß, wo es herkommt, denn es ist nicht und war niemals auf dem Logo von Fruit of the Loom zu sehen.

Mutter Theresa

Die geliebte und unglaublich selbstlose Mutter Theresa hat erst nach ihrem Tod den Friedensnobelpreis verliehen bekommen, da sind sich große Teile der Menschheit sicher. Vielleicht liegt es daran, dass diese Version so viel dramatischer klingt? Sie ist allerdings falsch, denn den Preis nahm sie noch lebendig entgegen.

Febreeze

Jeder denkt jetzt bestimmt, aber daran ist doch nichts falsch. Aber wenn du genauer auf die Verpackung schaust, fällt dir auf, dass es gar nicht „Febreeze“ geschrieben wird, sondern „Febreze“.

We are the champions

Überall auf der Welt singen Fans den Klassiker der Rockmusik von Queens. Und überall enden sie, ob lauthals oder gedanklich, mit dem Schlusssatz „…. of the wooooorld“. Darin ist man sich zwar sehr einig, diese Liedzeile stimmt aber nicht. Der letzte Satz des Songtextes lautet auch einfach wie der Titel: „We are the champions!“

Die Apollo 13-Mission

In der Raumfahrtgeschichte ist die berühmte Botschaft „Houston, we’ve had a problem“ während der Apollo-13-Mission bekannt. Viele Menschen zitieren dies jedoch als „Houston, we have a problem“, was nie gesagt wurde.

Der Sex and the City-Titel

Die beliebte TV-Serie heißt tatsächlich „Sex and the City“, aber viele erinnern sich an sie als „Sex in the City“.

Der Skelettaufbau

In der menschlichen Anatomie erinnern sich viele daran, dass das Skelett des Menschen ein großes Loch im Schädel (Fenestra occipitalis) hat. Tatsächlich hat der menschliche Schädel dieses Loch nicht.

 

Foto: South Africa The Good News / www.sagoodnews.co.za, CC BY 2.0, via Wikimedia Commons

Quelle: ¹ Wade, K. A., Garry, M., Read, J. D., & Lindsay, D. S. (2002). A picture is worth a thousand lies: Using false photographs to create false childhood memories. Psychonomic Bulletin & Review, 9(3), 597-603.

AJOURE´ Redaktion
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