StartPeopleWas wurde eigentlich aus Feuchtgebiete-Autorin Charlotte Roche?

Was wurde eigentlich aus Feuchtgebiete-Autorin Charlotte Roche?

Einst war sie das freche Mädchen und Aushängeschild des Musiksenders VIVA. Es folgten die halb-biografischen Skandal-Romane Feuchtgebiete und Schoßgebete. Dann wurde es ruhig um Charlotte Roche.

Steckbrief

Vollständiger Name: Charlotte Elisabeth Grace Roche
Geboren: 18. März 1978, High Wycombe, Vereinigtes Königreich
Eltern: Liz Bush
Geschwister: einen Bruder
Beruf: Moderatorin, Produzentin, Schauspielerin, Autorin, Hörspielsprecherin
Ehepartner: Martin Keß (verh. 2007)
Kinder: Polly Pfeil
Größe: 1,62m
Sternzeichen: Fische

Die Laufbahn der Charlotte Roche

1978 nahe des englischen Wimbledon geboren, hatte Charlotte Roche eine sehr ungewöhnliche Kindheit. Ihre Mutter, eine 68erin, Künstlerin und politische Aktivistin pflegte einen sehr unruhigen Lebensstil und so war Roche im zarten Alter von 15 Jahren bereits sage und schreibe 14-mal umgezogen. Die meiste Zeit davon hatte sie in Deutschland verbracht, zuletzt ging sie in Mönchengladbach aufs Gymnasium. Auf das Abitur pfiff sie, ging nach der elften Klasse ab, zog von Zuhause aus und gründete eine Garagen-Band. 1998 wurde sie durch ein Casting als Moderatorin für VIVA Zwei entdeckt.

Charlotte Roches Zeit bei VIVA Zwei

Fast sechs Jahre lang moderierte Roche die VIVA-Formate Fast Forward und Trendspotting. Ihr frech-frivoler Stil halfen ihr schnell zu großer Bekanntheit. In der Medienlandschaft war sie erfrischend anders, ohne zu künstlich oder gar aufdringlich zu sein. Der damalige König des leichten Fernseh-Talks, Harald Schmidt, verlieh ihr prompt den Titel „Queen of German Pop Television“. Berühmt wurde die englische Muttersprachlerin zudem durch ihre zahlreichen Interviews mit allerlei Größen aus dem Pop- und Filmbusiness. Dabei war es egal, ob sie mit Mick Jagger, Noel Gallagher oder einem unbedeutenden Newcomer sprach, Charlotte Roche blieb immer sie selbst und ließ sich nicht selten zu einem ironischen Grinsen hinreißen, wenn allzu selbstverliebte Popstars Lobeshymnen auf sich selbst sangen. Ihr besonderer Charme brachte ihr schließlich den Grimme Preis sowie den Bayerischen Fernsehpreis ein.

Kulturprogramm und Ende der Fernsehkarriere

Nach dem Ende von VIVA Zwei und der Einstellung von Fast Forward beim Muttersender VIVA zog es Charlotte Roche aus Protest zu den Öffentlich-Rechtlichen beziehungsweise deren Spartenprogramme ARTE und 3SAT. An ihre früheren Erfolge konnte sie jedoch nicht mehr anknüpfen. 2009 übernahm sie kurzfristig Amelie Frieds Erfolgs-Format 3 nach 9, wurde aber nach nur einem Jahr abgesetzt. Hinter dem Aus standen wohl auch die Bestrebungen einer allzu konservativen Bremer Kulturstaatsrätin, die die umstrittene Roche auf diesem Sendeplatz nicht sehen wollte. Ein letzter Versuch bei ZDFkultur scheitere ebenfalls. Nach nur 16 Folgen wurde Roche & Böhmermann eingestellt.

Charlotte Roche in Eden (2006)
Charlotte Roche in Eden (2006)

Die Skandal-Bücher

2008 erschien Roches erster Roman Feuchtgebiete. Das Buch entwickelte sich zum Skandal und wurde über zwei Millionen mal verkauft. Wer mitreden wollte, musste das Buch gelesen haben. Die einen waren angewidert, andere begeistert. Ungeniert beschrieb Roche in dem Bestseller, den sie als zu 70 Prozent autobiografisch bezeichnete, Analverkehr, Intimrasuren und diverse Masturbationspraktiken. Außerdem sprach sie sich durch ihre Hauptprotagonistin Helen Memel deutlich gegen übertriebene Körperhygiene aus. Eine Zeitlang war Roche der umjubelte Star der Popkultur und galt als Hoffnung für einen neuen zeitgemäßen Feminismus. Mit Schoßgebete veröffentlichte sie 2011 einen weiteren Bestseller. Das dritte Buch Mädchen für alles blieb schließlich weit hinter den Vorläufern zurück.

Herbe Schicksalsschläge

2001 heiratete Charlotte Roche in London ihren damaligen Lebensgefährten. Auf dem Weg zur Feier verunglückte der Wagen ihrer Mutter. Roches Bruder und zwei Halbbrüder kamen ums Leben, ihre Mutter wurde schwer verletzt. Roche hatte danach nicht nur die Trauer zu verarbeiten, die Zeit nach dem tragischen Erlebnis brachten ihr zudem schockierende Begegnungen mit der Sensationspresse ein. Ein Bild-Redakteur wollte sie nach ihren Angaben unmittelbar nach der Schreckensmeldung zu einem Interview zwingen. Er drohte ihr schlechte Berichterstattung an, wenn sie das Interview verweigere. Bild dementierte, Roche klagte. „Mit meinen Büchern habe ich meine Kindheit und die schwere Zeit rund um den Unfall verarbeitet.“ Neben der Schreiberei besuchte Roche erfolgreich einen Therapeuten. „Ich bin dadurch ein großer Fan von Therapie geworden. Die Zeit war nicht leicht, aber heute mit 40 Jahren fühle ich mich freier als jemals zuvor.“

Das neue Leben der Charlotte Roche

Inzwischen lebt sie auf dem Land und ist nur noch selten im Fernsehen zu sehen. Charlotte Roche ist seit 2007 in zweiter Ehe mit dem Fernsehproduzenten Martin Keß verheiratet. Zusammen haben sie eine Patchwork-Familie gegründet. Roche brachte ihre heute 16-jährige Tochter Polly mit in die Ehe und Keß einen Sohn. Die Familie wohnt etwa eine Autostunde außerhalb von Köln. Was anfangs nur als Wochenend-Wohnsitz gedacht war, wurde zur Dauereinrichtung. „Die ganze Familie litt plötzlich an kollektiver Depression, sobald wir wieder im Auto Richtung Köln fuhren“, erklärt Roche in einem Interview. Sie und ihr Mann besitzen ein Haus, abgelegen am Rande eines Naturschutzgebietes. Wenn sie Leute sehen wolle, seien genug in der Umgebung, sie müsse aber nicht. „Trotzdem habe ich in zehn Wochen auf dem Land mehr soziale Kontakte gehabt, als in zehn Jahren in Köln.“ Die Streitereien unter den Menschen in der Stadt seien ihr zunehmend auf die Nerven gegangen.

Charlotte Roche angelt nicht nur leidenschaftlich gerne, sondern interessiert sich jetzt auch für Politik. Seit 2019 hat sie das Parteibuch von Bündnis 90/Die Grünen in der Tasche. Ob und welches Amt sie anstrebt, ist bisher nicht bekannt. Auf die Frage, ob denn auch ein weiteres Schamlos-Buch geplant sei, antwortet sie nur „Nein, diesbezüglich bin ich völlig ausgebumst!“.

 

Fotos: © JCS, CC BY 3.0, Link; Pandora Filmverleih

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AJOURE´ Redaktion
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