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Functional Freeze: Wenn dein Körper funktioniert, aber dein Inneres erstarrt

Functional Freeze

Du sitzt vor deinem Computer, eine wichtige Deadline rückt näher, aber deine Finger bewegen sich nicht über die Tastatur. Dein Kopf fühlt sich leer an, obwohl du genau weißt, dass du jetzt handeln müsstest. Kennst du dieses Gefühl der Lähmung? Willkommen im Functional Freeze – einem Zustand, der viele von uns im Alltag heimsucht, oft ohne dass wir es bemerken.

Was ist der Functional Freeze?

Functional Freeze (auf Deutsch „funktionales Einfrieren“) beschreibt einen paradoxen Zustand: Äußerlich funktionierst du – du gehst zur Arbeit, erledigst Aufgaben, interagierst mit anderen Menschen. Innerlich jedoch fühlst du dich wie erstarrt, abgeschnitten von deinen Emotionen und Bedürfnissen. Es ist eine Stressreaktion deines Körpers, bei der du trotz innerer Blockaden weiterhin „funktionierst“.

Die Psychologin Deborah Serani, Autorin und Professorin an der Adelphi University, erklärt: „Im Angesicht von Trauma oder Stress erstarren wir und funktionieren dennoch weiter. Functional Freeze ist eine moderne Bezeichnung für diese immobilisierende Freeze-Reaktion.“

Warum geraten wir in den Functional Freeze-Modus?

Unser Körper verfügt über natürliche Schutzmechanismen auf Stress: Fight (Kampf), Flight (Flucht), Freeze (Erstarren) und Fawn (Anpassen). Diese Reaktionen sind evolutionär bedingt und sollten uns in lebensbedrohlichen Situationen schützen. In der modernen Welt sind es jedoch oft alltägliche Stressoren, die diesen Mechanismus auslösen.

Mögliche Auslöser für den Functional Freeze:

  • Überforderung und Stress: Zu viele Aufgaben oder Verpflichtungen können dazu führen, dass unser Gehirn in den Schutzmodus schaltet.
  • Perfektionismus: Der Druck, alles perfekt machen zu müssen, kann lähmend wirken.
  • Angst vor Fehlern: Die Furcht, nicht zu genügen oder Fehler zu machen, kann dazu führen, dass wir gar nicht erst anfangen.
  • Erschöpfung und Burnout: Chronischer Stress erschöpft unsere mentalen und emotionalen Ressourcen.
  • Unverarbeitete Traumata: Vergangene negative Erfahrungen können uns in stressigen Situationen in den Freeze-Modus versetzen.

Wie erkennst du den Functional Freeze?

Es ist wichtig, die Anzeichen zu erkennen, um aktiv gegensteuern zu können.

Typische Symptome:

  • Gefühl der Lähmung: Du möchtest handeln, fühlst dich aber wie eingefroren.
  • Gedankenkreisen ohne Ergebnis: Deine Gedanken drehen sich im Kreis, ohne zu einer Lösung zu kommen.
  • Schwierigkeiten bei Entscheidungen: Selbst einfache Entscheidungen fallen dir schwer.
  • Prokrastination: Du schiebst Aufgaben auf, obwohl sie wichtig sind.
  • Innere Unruhe bei gleichzeitiger Untätigkeit: Du fühlst dich angespannt, kommst aber nicht ins Handeln.
  • Körperliche Symptome: Schweregefühl, Müdigkeit, das Gefühl von Taubheit oder ein „Kloß im Hals“.

Wie kannst du dich aus dem Functional Freeze befreien?

Der erste Schritt ist, den Zustand anzuerkennen und dir selbst gegenüber mitfühlend zu sein. Hier sind einige Strategien, die dir helfen können:

1. Die 5-Minuten-Regel anwenden

Beginne eine Aufgabe mit dem Vorsatz, nur fünf Minuten daran zu arbeiten. Diese kurze Zeitspanne senkt die mentale Hürde und erleichtert den Einstieg.

Praxistipp: Stelle einen Timer auf fünf Minuten. Konzentriere dich in dieser Zeit ausschließlich auf die Aufgabe. Oft wirst du feststellen, dass du weitermachen möchtest, sobald du angefangen hast.

Warum es funktioniert: Der Zeigarnik-Effekt besagt, dass unser Gehirn dazu neigt, angefangene Aufgaben zu Ende bringen zu wollen. Der Start ist oft der schwierigste Teil.

2. Bewegung in deinen Alltag integrieren

Körperliche Aktivität kann helfen, den Freeze-Zustand zu durchbrechen. Bewegung aktiviert deinen Körper und signalisiert deinem Gehirn, dass keine Gefahr besteht.

Praxistipp: Mache regelmäßig kurze Bewegungspausen. Das können Dehnübungen, ein Spaziergang oder ein kurzes Workout sein.

Expertentipp von Niro Feliciano, Therapeutin: „Studien haben gezeigt, dass Zeit in der Natur, besonders in grünen Umgebungen oder in der Nähe von Wasser, Angst reduzieren und die Konzentration verbessern kann.“

3. Aufgaben in kleine Schritte unterteilen

Große Projekte können überwältigend wirken. Indem du sie in kleine, überschaubare Schritte zerlegst, werden sie greifbarer.

Praxistipp: Schreibe alle Teilaufgaben auf und arbeite sie Schritt für Schritt ab. Jeder erledigte Punkt gibt dir ein Erfolgserlebnis und motiviert zum Weitermachen.

4. Achtsamkeitsübungen und Atemtechniken

Achtsamkeit hilft, im Moment präsent zu sein und den Stresspegel zu senken.

Praxistipp: Probiere Atemübungen wie die 4-7-8-Methode: Atme 4 Sekunden ein, halte den Atem 7 Sekunden an und atme 8 Sekunden aus. Wiederhole dies mehrmals.

5. Soziale Kontakte pflegen

Auch wenn der Rückzug verlockend erscheint, kann der Austausch mit Freunden und Familie helfen, aus dem Freeze-Modus herauszukommen.

Praxistipp: Verabrede dich zu einem Spaziergang oder rufe einen Freund an. Das Gespräch kann dir neue Perspektiven eröffnen und dich emotional entlasten.

6. Selbstmitgefühl entwickeln

Sei nicht zu hart zu dir selbst. Anerkenne, dass es okay ist, nicht immer perfekt zu funktionieren.

Praxistipp: Sprich mit dir selbst wie mit einem guten Freund. Würdest du ihn verurteilen oder unterstützen?

7. Professionelle Hilfe in Anspruch nehmen

Wenn du das Gefühl hast, alleine nicht weiterzukommen, scheue dich nicht, professionelle Unterstützung zu suchen.

Expertentipp von Tigist Taylor, Therapeutin: „Das Erkennen des Functional Freeze ist der erste Schritt. Ein Therapeut kann helfen, individuelle Strategien zu entwickeln, um den Zustand zu überwinden.“

Fazit

Functional Freeze ist mehr als nur ein momentanes Gefühl der Überforderung. Es ist ein Zeichen deines Körpers und Geistes, dass etwas aus dem Gleichgewicht geraten ist. Indem du aufmerksam auf deine Bedürfnisse achtest und dir selbst mit Mitgefühl begegnest, kannst du Wege finden, aus der inneren Starre herauszukommen.

Denke daran: Du bist nicht allein, und es ist keine Schwäche, Hilfe zu suchen. Jeder kleine Schritt zählt, und mit der Zeit wirst du lernen, besser mit Stress umzugehen und wieder Freude am Leben zu finden.

Weiterführende Unterstützung

Wenn du mehr über Functional Freeze erfahren oder Unterstützung suchen möchtest, können folgende Schritte hilfreich sein:

Es ist ein Zeichen von Stärke, aktiv an deinem Wohlbefinden zu arbeiten. Gib dir selbst die Erlaubnis, die nötige Zeit und Unterstützung in Anspruch zu nehmen.

Foto: GVS / stock.adobe.com

Quellen:
Katie Evans, BA(hons), Dip.Psych: What is functional freeze, and how can you soothe it?. 2024. https://www.counselling-directory.org.uk/memberarticles/what-is-functional-freeze-and-how-can-you-soothe-it (abgerufen am 23.10.24)
Cathy Cassata: Signs You’re Stuck in a ‘Functional Freeze’—And How to Get Out of It. 2024. https://www.health.com/what-is-functional-freeze-8712028 (abgerufen am 23.10.24)
Niro Feliciano, LCSW: What is a functional freeze? A therapist breaks down the viral mental health term. 2024. https://www.today.com/health/mind-body/functional-freeze-rcna170389 (abgerufen am 23.10.24)

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Melanie Bojko bringt als Chefredakteurin der AJOURE´ ihre Expertise und Leidenschaft für Inhalte und Trends in die Medienwelt ein. Neben ihrer redaktionellen Tätigkeit leitet sie die Marketing-Agentur NEBO marketing GmbH, wo sie ihre Fachkenntnisse in praktische Marketingstrategien und -lösungen umsetzt. Berlin, die pulsierende Hauptstadt, ist ihr Zuhause, wo sie mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern lebt. In ihrer Freizeit taucht Melanie gerne in die Welt der Bücher ein und hat eine Vorliebe fürs Reisen, um neue Kulturen und Orte zu entdecken.
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