Ich bin eigentlich immer auf der Suche. Nach Inspiration, Neuigkeiten, Dingen, über die ich mich aufregen könnte, sofern ich Lust dazu habe. Nach Internetphänomenen, zu denen ich eine Meinung bilden kann. Aber noch nie zuvor hat sich mein Kopf so gefühlt, als sei er randvoll mit Informationen und gleichzeitig komplett leergefegt.
Geht’s nur mir so? Jeden Tag werde ich sowohl online, als auch in der realen Welt mit tausenden von Eindrücken bombardiert. Sie schießen auf mich ein, die meisten lasse ich dabei rein in meinen Kopf, denn gefiltert wird erst später. Was habe ich davon? Ehrlich gesagt relativ wenig. Denn ich bin gänzlich überfordert. Und wie sich das auswirkt, sieht ungefähr so aus:
Montag. Ich sitze vor dem Bildschirm und eine Deadline hockt mir im Nacken, flüstert mir im Minutentakt zu, dass das so nichts wird. Ja, ich weiß, ich lasse mich wiedermal treiben. In der realen Welt gibt es nichts, was ich thematisieren möchte. Die Beziehung ist perfekt, die Einkünfte stimmen, mit den Freunden gibt es keinen Ärger und die Eltern rufe ich regelmäßig an. Der nächste Urlaub steht vor der Tür und sogar hier in München scheint endlich mal wieder die Sonne. Das Eis war lecker, das neue Hollandrand ist eine Augenweide. Und nun? Richtig, ich wende mich dem Internet zu. Und suche, und suche, und… schlafe dabei ein.
Ich wache wieder auf, merke: Da steht immer noch nichts in diesem beknackten Word-Dokument. Okay, erst mal ein neues Schreibformat herunterladen. Eins, das bildschirmfüllend ist und dadurch nicht ablenkt. Gesagt, getan – uiuiui, da kann man ja ein hübsches Foto als Hintergrund einsetzen. Hm, mal schnell die ganzen Instagram-Fotos vom letzten Urlaub durchschauen…
Eine Stunde später. Der Schreibtisch sieht nun super fancy aus, das Weiß blickt mich immer noch vorwurfsvoll an. Okay, zurück ins Netz. Ich lese, dass die BILD-Zeitung mittlerweile nicht mal mehr vor rassistischen Statements zurückschreckt und sich im Nachhinein dafür entschuldigt. Diese Heuchelei nehme ich denen nicht ab, schließlich kommt der Kommentar aus der Chefetage, trotzdem, nichts für meine Kolumne, denn sich über die BILD aufregen kann ja irgendwie jeder. Da komme ich zurück zu Cathy Fischer, über die ich immer noch seitenweise lästern könnte, allerdings bekomme ich langsam Mitleid, also hake ich auch das Thema ab.
So, da wäre noch die Lage in Israel zu nennen, die mich tagtäglich beunruhigt, alle möglichen Emotionen in mir weckt, mich zum Nachdenken bringt, ich mich allerdings viel zu wenig auskenne, um großspurig den Mund aufzumachen. Die Themen der Neon kann ich nicht mehr sehen, schnell weg damit, ach, mal schauen, was Zeit Online so schreibt… aha! Ein sehr interessantes Interview mit Karl Lagerfeld, das mich zum Lachen bringt.
„Nichts macht älter, als wenn man versucht jung auszusehen. Man kann allen etwas vormachen. Nur den jungen Leuten nicht. Am schlimmsten sind diese Lippen-Operationen. Es gibt Leute, die das machen, die erkenne ich nicht wieder. Sie sehen aus, als wären die bei einem Autounfall durch die Scheibe gegangen und schlecht wieder zusammengenäht worden.“ (Karl Lagerfeld)
Und am Ende? Schreibe ich darüber, dass ich nichts weiß. Beziehungsweise nur ein paar Häppchen. Ich bin so zugemüllt mit Informationen über Themen, die sich von einer Pornodebatte bis hin zum Gazastreifen erstrecken und doch habe ich weder Zeit, noch die nötige Kraft, ordentlich zu filtern. Was, in dieser Onlinewelt, interessiert mich wirklich? Was verstehe ich, wo will ich mehr drüber wissen und vor allem: Wem vertraue ich?
Ich habe keine Antwort auf diese Fragen, sondern fühle mich matt und ausgebrannt angesichts der Fülle an Informationen, die mir allesamt keine konkreten Antworten liefern, sondern nur noch mehr Fragen aufwerfen.
Foto: Anika Landsteiner