Unter Polyamorie versteht man die Liebesbeziehung zu mehreren Partnern zur gleichen Zeit. Dabei wissen alle Beteiligten von den anderen Personen. Anders als beim Fremdgehen sind alle, die sich in dieser Beziehung befinden, einverstanden damit, Freund oder Freundin mit anderen zu teilen. Hier gibt es meist nur Schwarz oder Weiß: Entweder, du siehst dieses Beziehungskonstrukt als Ideal für dich an oder du empfindest es als absoluten Alptraum.
Polyamorie ist nicht Polygamie
Obwohl Sex natürlich zur Polyamorie dazu gehört, geht es in diesen Beziehungen um weit mehr als das. Die Liebe steht im Vordergrund und dazu gehört auch Vertrauen und Respekt. Du öffnest in einer derartigen Beziehung nicht nur deine Beine, sondern auch dein Herz.
Wie genau diese Partnerschaften ausgelebt werden, variiert. Manche führen in sich geschlossene Beziehungen mit drei oder vier Partnern, andere führen eine Hauptbeziehung mit diversen Nebenbeziehungen. Verbindlichkeit ist aber dennoch wichtig – wenn es gewisse Regeln gibt, auf die sich alle Beteiligten geeignet haben, müssen diese auch eingehalten werden. Manchmal wird das sogar schriftlich festgehalten.
Auch Offenheit ist wichtig. Der oder die Partner werden nicht hintergangen, wenn eine weitere Beziehung entsteht, müssen die vorherigen Partner darüber informiert werden. Es sei denn, es wurde vorher etwas anderes vereinbart. Die genauen Rahmenbedingungen in polyamourösen Beziehungen sind sehr individuell.
Entspricht Polyamorie mehr unserer eigentlichen Natur als Monogamie?
Rein biologisch gesehen ist der Mensch nicht dazu geschaffen, monogam zu leben. Die Monogamie ist kein natürlicher Instinkt, sie wurde vom Menschen erfunden. Im Allgemeinen hört man ja immer wieder, dass es Männern schwererfällt, monogam zu sein und sie evolutionsbedingt den Drang hätten, ihren Samen zu verteilen. Das ist aber Unsinn, denn aus biologischer Sicht müsste eigentlich die Frau dafür sorgen, möglichst viele Samen in sich zu tragen um den Fortbestand zu sichern.
Interessanterweise haben Studien zudem gezeigt, dass bei Frauen in monogamen Beziehungen schneller Langeweile aufkommt als bei Männern. Also sollte die Polyamorie doch eigentlich wie gemacht für uns Frauen sein – oder?
Komplizierte Gefühlswelt
Das wäre wahrscheinlich tatsächlich so, wenn uns nicht unsere Gefühle in die Quere kommen würden. Denn polyamouröse Beziehungen halten aus emotionaler Sicht viele Stolperfallen bereit. Damit eine monogame Beziehung dauerhaft funktioniert, ist viel Kommunikation und Kompromissbereitschaft nötig. Bei einer polygamen Liebesbeziehung sogar noch mehr. Konflikte mit den Partnern kann zu großem emotionalen Stress führen – Streit mit einem Partner ist ja schon anstrengend, aber wenn man sich direkt mit mehreren Leuten verkracht, ist das für so manchen mehr, als man verkraften kann.
Ein enormes Problem ist auch die Eifersucht. Es gehört schon viel Selbstsicherheit dazu, um sich nicht mit anderen Personen in dieser Beziehung zu vergleichen, auf Unterschiede im Verhalten einander gegenüber zu achten und diese überzubewerten.
Für wen ist Polyamorie geeignet?
Wenn du noch nie in einer derartigen Beziehung warst, wirst du vorab unter Umständen nur schwer einschätzen können, ob so eine Partnerschaft wirklich das richtige für dich ist. Denn Theorie und Praxis können hier doch stark voneinander abweichen.
Auf der anderen Seite wird statistisch gesehen jede dritte Ehe in Deutschland geschieden und mangelnde Treue ist einer der Hauptgründe für Trennungen. Eine polyamouröse Beziehung kann also auch für ein harmonischeres Zusammenleben mit vielen Freiheiten sorgen – wenn man der Typ dafür ist.
So musst du in der Lage sein, auch mal zurückstecken zu können, denn es wird immer Situationen geben, in denen du nicht an erster Stelle stehst. Empathie und Rücksicht allen Beteiligten gegenüber sind wichtig. Entscheidend ist in jedem Fall, eine derartige Beziehung aus voller Überzeugung einzugehen und nicht, weil der Mann der Träume keine monogame Beziehung zulässt.
Aktuell leben hierzulande Schätzungen zu Folge 600 bis 6000 Menschen in polyamourösen Beziehungen – Tendenz steigend.
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