Ich liebe mein iPhone. Keine Frage. Ich mag auch meine Vintage-Weinkisten, die als Regal oder Tisch umfunktioniert sind. Ich finde es toll, dass mein himmelblaues Hollandrad besser aussieht als alle anderen. Stop. Besser aussieht? Damals, vor gefühlt hundert Jahren, da wollte ich beispielsweise das iPhone, weil ich es wollte. Weil alle es wollten. Und mittlerweile habe ich mich so an das Ding gewöhnt, dass ich gar nicht weiß, ob mir etwas anderes besser gefallen würde?
Das gilt nicht nur für Apple. Oder für mein Hollandrad. Generell lief das mit der Mode und im allgemeinen mit den Trends schon immer so ab, dass einer den Stil setzte und irgendwann alle nachzogen. Diejenigen, die dabei aus der Reihe tanzen, gehören entweder zu der Gruppe, die sich ständig wechselnde Trends nicht leisten können oder zu denen, die bewusst einen anderen Weg einschlagen.
Ich bin da irgendwie so in der Mitte und schätze, dass die Mehrheit dieser Leser neben mir Platz nimmt: Die meisten Trends finde ich gut und mache ich mit, mal abgesehen von denen, die ich mir schlichtweg nicht leisten kann. Wenn mir allerdings etwas überhaupt nicht gefällt, dann wende ich mich davon ab. In manchen Fällen suche ich genau das Gegenstück dazu, um meine Opposition des Trends gegenüber stärker zu definieren. Beispielsweise, als der Pelz sein großes Comeback feierte – und dies immer noch tut – und ich bewusst zu Fake-Fur greife.
Aber ist das bei allem so? Sind wir immer imstande, nach unserem Geschmack auszuwählen und wenn wir das tun, wissen wir durchgehend, was eigentlich unserem Stil entspricht? Manchmal bezweifle ich das. Beispielsweise, wenn ich auf einmal einen Rock kaufe, mit dem ich mich vor zwei Jahren maximal an Karneval hätte blicken lassen, mittlerweile aber auf jeder Zeitschrift zu sehen ist. Da ich weiß, dass er der Figur schmeichelt, kaufe ich ihn. Und ja, er gefällt mir sehr. Aber tut er das, weil mir irgendein Magazin, ein Blog oder eine Freundin das einredet oder ist das, weil dem wirklich so ist?
Ich glaube nämlich, dass wir so oft, so lange und so omnipräsent mit verschiedenen Stilrichtungen und Vorschlägen bezüglich allem – vom Nagellack bis zur Vintage-Kupfer-Teekanne – bombardiert werden, dass wir am Ende auswählen, was wir eben auswählen, wenn wir up-to-date sein möchten.
Das ist ein innerer Drang, dem, so glaube ich, vor allem junge Städter unterliegen, die langsam ihr eigenes Geld verdienen und sich der Schnelllebigkeit der Gesellschaft anpassen wollen. Nicht untergehen, sondern mitschwimmen, und zwar alle im Strom. Denn ja, selbst die, die auf den Straßen auffallen, weil sie extravagant sind, weil sie sich anders präsentieren, als die Masse, unterliegen gewissen Ritualen und Richtlinien von Trends. Vielleicht sogar mehr als den übrigen.
Ich für meinen Teil liebe beispielsweise Vintage und ich könnte Stunden damit verbringen, Interior-Blogs zu durchstöbern und kleine Goldkettchen zu kaufen. Auch Omas Lavendelblüten-Bettwäsche habe ich herausgekramt, ein Bezug, für den ich mich vor fünf Jahren noch geschämt hätte. Nun mag ich ihn sehr, genauso, wie die besagten Weinkisten, die sich in meiner Wohnung stapeln oder das weiße Porzellan ohne jeglichen Aufdruck. Bin ich nun trendy? Gefällt mir das wirklich? Oder gefällt mir nur die Vorstellung davon, weil ich irgendwo gelesen habe, dass gerade Vintage weiterhin der letzte Schrei sei? Keine Ahnung.
Ich mag, was ich anziehe und ich mag, womit ich mich umgebe. In weiteren fünf Jahren wird das anders sein, wahrscheinlich. Doch die Frage, ob sich lediglich mein Geschmack ändert oder ob ich mich unbewusst und ganz automatisch den Regeln der Trends hingebe, die bleibt offen.
Foto: Anika Landsteiner