Wir treffen Fernanda Brandão im Aldiana-Club in Andalusien, wo sie während der Event-Woche „Get stronger!“ mit ihren Fitness-Programmen GINGA und ROOTS für ordentlich Bewegung sorgt. In herrlicher Kulisse und tollem Wetter erzählt uns die charmante Brasilianerin nicht nur über ihre selbst entwickelten Workouts, sondern auch über ihr Engagement bei der Organisation „Children of the Forgotten“ und ihr nun veröffentlichtes Buch.
Du hast bereits mit GINGA dein eigenes Fitnessprogramm entwickelt und nun startest du mit deinem neuen Workout ROOTS. Worauf dürfen wir uns bei diesem Programm freuen und worin liegt der Unterschied zu GINGA?
Bei meinen Sportprogrammen ist es mir sehr wichtig, dass es sehr authentisch ist, es war gar nicht bewusst, aber beide Programme haben die Wurzeln in meiner Herkunft. Bei GINGA haben wir Capueira-Elemente vereint mit klassischen Fitness-Übungen und ein wenig Tanz. Es ist ein sehr anspruchsvolles Ganzkörpertraining. Bei ROOTS ging es für mich darum, etwas Ganzheitliches zu machen. Nach vielen Jahren Unterricht habe ich gemerkt, dass es mir nicht nur darum geht, einen schöneren Hintern zu bekommen oder tollere Beine. Es muss im Kopf etwas passieren, dass du es dir wert bist, eine Stunde am Tag für dich zu nehmen und nur etwas für dich zu tun.
Motivation ist oft nicht einfach. Für mich ist der Weg ins Studio auch manchmal hart, aber wenn du es dann durchgezogen hast, geht es dir danach immer besser. Sport und Bewegung ist ein Transformator für Energie. Alles was irgendwie verstaucht und „angehaftet“ ist, manchmal in Form von Schmerzen, gerade wenn man sich länger nicht bewegt hat, kommt wieder in Fluss. Und ROOTS ist eine Mischung aus Yoga, Pilates, und Mobilitätstraining. Anders als bei GINGA braucht man nicht so viel Koordination, räumliche Vorstellung und Rhythmik, sondern es geschieht alles auf einer Matte. Das Training ist sehr bewusst, es geht um die richtige Atmung und ist trotzdem ohne einen esoterischen Hintergrund. Es gibt auch einen kleinen Meditationspart zum Schluss. Für mich ist es sehr wichtig, dass sich die Menschen wieder spüren. Ich habe auch selbst bei mir gemerkt, dass ich mich trotz des ganzen Sports irgendwann selbst nicht mehr gespürt habe. Es war immer nur höher, schneller, weiter, aber nicht gezielt und präzise.
Wie bzw. wo können Interessierte deine Fitnessprogramme ausprobieren?
Momentan arbeite ich an meiner nur für den Sport ausgerichteten Website, welche im nächsten Jahr online gehen wird. Da werden dann alle Informationen zu meinen Sportprogrammen gebündelt zu finden sein.
Gibst du auch normale Kurse?
Ich gebe momentan Kurse nur in Form von Events. Gerade ROOTS verbinde ich sehr viel mit meinen ganzen anderen Themen, deshalb machen wir das zum Beispiel in Form von Tagesworkshops oder Persönlichkeitsentwicklungsworkshops. Da geht’s nicht nur um den physischen Teil, sondern auch um den psychologischen und emotionalen Part. Ich wollte die Menschen einladen, die ansonsten normalerweise nicht unbedingt zu einer Yoga-Stunde gehen. Wenn wir mit ROOTS eine Tagung zusammen mit Vorträgen machen, ist die sportliche Komponente zum Schluss wirklich der Moment der Einheit. Wenn man zusammen Sport macht, ist man ganz anders verbunden und wieder bewusster bei sich. Eben zurück zu der eigenen Mitte und zu den Wurzeln.
Wieviel bzw. welche Workouts machst du selbst für dich?
Das ist unterschiedlich. Viele Menschen denken, ich mache jeden Tag total viel Sport, aber das stimmt gar nicht. Das sage ich jetzt nicht, weil ich so eine tolle Genetik habe, nein, ich bin 36 und merke auch die Erdanziehungskraft. Das geht auch nicht spurlos an mir vorbei. Manchmal ist es durch unseren Job schwierig, denn wir bekommen doch viele E-Mails und Telefonate, dann bewegt man sich wenig. Wenn ich das lange nicht tue, dann merke ich, dass meine Laune auch sinkt. Ich versuche mindestens dreimal in der Woche Sport zu treiben. Aber zum Glück gibt es dann wieder so tolle Wochen wie diese hier, wo ich sehr viel Sport machen kann.
Was steht bei dir in der Regel auf dem Speiseplan?
Ich esse sehr gerne und auch sehr viel, deshalb muss ich mich immer ein Leben lang bewegen. Seit einigen Jahren weiß ich und habe gerade durch meine Arbeit im Regenwald das Bewusstsein, dass ich gewisse Dinge nicht mehr mit meinem Gewissen vereinbaren kann. Steak hat nie wieder so gut geschmeckt wie davor, als ich mich noch nicht mit diesen Themen befasst habe. Ich bin kein Fan davon, mit dem Finger auf andere zu zeigen. Ich glaube, jeder von uns, der in der modernen Welt lebt, hat keine komplett weiße Weste. Und das ist okay. Wir müssen uns die Hände reichen und überlegen, welche Schritte können wir gemeinsam tun, um diese Dinge zu ändern. Ich versuche auf Fleisch zu verzichten, esse aber trotzdem ab und zu mal Fleisch. Ich versuche auch Lebensmittel zu essen, die mir Energie geben, also vor allen Dingen frische Produkte. Ich liebe zum Beispiel Salate. Das ist auch etwas, das ich durch meine spirituellen Freunde entdeckt habe. Gerichte wie Haferbrei oder warmes Obst hätte ich früher niemals gegessen. Oder anstatt Kaffee lieber mal einen Tee. Ich bin kein Fan von Verzicht oder Absolutismus. Man muss einfach alles im Gleichgewicht halten, damit man auch mal abends zur Bar gehen kann
Du bist ja wahnsinnig viel unterwegs, gibt es bei dir so etwas wie einen typischen Tagesablauf und wie sieht dieser aus?
Nein, ich habe keinen Tagesablauf.
Wie bekommst du bei all den Reisen dein Privat- und Berufsleben unter einen Hut?
Mit vielen Telefonaten und Face-Time. Man versucht von der Ferne alles am Laufen zu halten. Das ist nicht immer einfach. Manchmal nehme ich meinen Partner auch auf Reisen mit, was sehr unterstützend ist. Dann habe ich bei der Arbeit auch nochmal mehr Power.
Mit deiner Band Hot Banditoz bist du als Sängerin bekannt geworden. Bist du heute auch noch hin und wieder als Sängerin auf der Bühne? Oder vermisst du das Singen?
Ich vermisse es tatsächlich, auf der Bühne zu performen. Durch meine Sportprogramme produzieren wir die Musik selbst. Deshalb bin ich auch viel im Studio und singe Lieder ein. Und ich muss wirklich sagen: „Music was my first love … and it would be my last“. Ich werde bei allen Dingen, die ich mache, auch immer irgendwie mit Musik zu tun haben.
Du setzt dich für das Charity-Projekt „Children of the Forgotten“ ein. Kannst du uns was darüber erzählen?
Ich bin vor vier Jahren das erste Mal in den Amazonas-Regenwald gefahren, um dort indigenen Völkern zu helfen. Wie kam ich auf diese Idee? 2015 ist mein Opa in meinen Armen gestorben und er war für mich wie mein Papa. Klar war ich traurig, aber gleichzeitig stand ich da und dachte, das ist das größte Geschenk, was mir jemand machen konnte, denn ich habe verstanden, was Lebenszeit bedeutet. Die Uhr läuft rückwärts, es ist ein Countdown ab der Geburt. Also habe ich überlegt, was mache ich mit meiner Lebenszeit. Ich war zu der Zeit extrem überarbeitet, ein absoluter Workaholic, wie so viele Selbständige. Wir drehen das Hamsterrad immer weiter.
Also habe ich beschlossen, dass ich mehr Auszeiten brauche. Ich musste in mich reinhorchen, was meine Seele denn eigentlich will. Es war für mich wichtig herauszufinden, wie ich glücklich werde und was ich machen will. Bei einem dieser Heilungswege stieß ich auf einen spirituellen Lehrer, der mir zwei Meisterpflanzen aus dem Regenwald vorstellte, die gemeinsam das Getränk Ayahuasca ergeben. Ich trank Ayahuasca in der ersten Nacht und es passierte nichts. In der zweiten Nacht hatte ich dann eine ganz klare Vision, dass ich Licht zu den Indianern bringen muss. Ich dachte zuerst, jetzt bin ich völlig bekloppt. Aber zwei Monate später war ich im Regenwald.
Das Projekt „Children of the Forgotten“ basiert auf vier Säulen. Es geht vor allen Dingen um nachhaltige Infrastruktur und Bildung. Denn auch im Regenwald braucht man Geld zum Leben. Es werden Boote, Benzin, Generatoren usw. gebraucht.
Die erste Säule ist Wasser. Es gibt keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser und haben dadurch ganz viele Krankheiten und die Kindersterblichkeit ist sehr hoch. Die zweite Säule ist Energieversorgung durch alternative Energiequellen. Die dritte Säule ist, ihnen beizubringen, wie man Agroforstwirtschaft betreibt. Wir haben aktuell das Problem mit den Brandrodungen, die außer Kontrolle geraten sind. Das Land ist begrenzt, die Familien wachsen und die Familie muss weiterziehen, wenn der Acker zwei- oder dreimal geerntet wurde. Sie müssen also lernen, mit dem Wald zu leben und nicht gegen ihn. Für die Indianer ist das hart, denn früher haben sie sich einfach am üppigen Wald bedienen können. Jetzt müssen sie von geplanter Landwirtschaft leben. Diese ersten drei Säulen sind die Basis, damit wir zur Bildung kommen. Denn wie willst du Bewusstsein schaffen, ohne Wasser und Essen.
Wir haben letztes Jahr mit „Children of the Forgotten“ und „Viva con Agua“ die ersten beiden Brunnen gebaut.
Deine brasilianischen Wurzeln sind dir sehr wichtig, wie oft bist du in deiner Heimat?
Häufig, meistens zwei- bis dreimal im Jahr. Auch natürlich durch „Children of the Forgotten“. Ich fliege auch übermorgen schon wieder hin. Durch die aktuelle Situation und aufgrund meines nun veröffentlichten Buches fliege ich mit Stern TV in den Amazonas und besuche dort Regionen, die niedergebrannt sind und die wir wieder aufforsten und aufbauen wollen. Zum Glück ist meine indigene Familie sicher, sie berichten nur von schwarzem Rauch, schwarzem Regen und Hustenanfällen. Aber bei ihnen ist alles intakt.
Eigentlich wollte ich das Buch schon letztes Jahr veröffentlichen. Dann habe ich beim Schreiben gemerkt, dass ich das nicht alles so in Watte packen darf. Und ich sagte mir: „Mach einen Seelenstriptease, schrei die Wahrheit heraus, trau dich, dir selbst eine Stimme zu geben und trau dich vor allen Dingen für die Menschen zu sprechen, die selbst keine Stimme haben.“
Auf welche Projekte dürfen wir uns von dir in der nächsten Zukunft noch freuen?
Mein Buch „KAXINAWA – Meine Reise zurück zu mir: Auf der Suche nach meinen Wurzeln im brasilianischen Regenwald“, von dem ich gerade schon gesprochen habe, erschien jetzt gerade am 1.10. Im Grunde genommen besteht das Buch aus drei Teilen: Eine kleine Biografie, da ich etwas ausholen musste, um zu erzählen, woher ich kam. Ein Reisebericht, in dem ich auch viele Tagebuchauszüge eingebunden habe und auch ein spiritueller Erfahrungsbericht. Denn was mit meinem Leben passiert ist, nachdem ich gewisse Einsichten hatte, durch spirituelle Arbeit und durch den Glauben an etwas, das nicht fest und sichtbar ist, hat meine Welt auf den Kopf gestellt. So ist auch die Motivation gekommen, ROOTS zu entwickeln. Denn ich wollte etwas haben, das Ganzheitlich ist, was eben nicht nur die Beine, sondern auch das Herz trainiert.
Fotos: Anelia Janeva Photography für Club Aldiana; Edel Books Verlag
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