Wir alle kennen wohl die Situationen, in denen wir einfach laut aussprechen, was uns gerade im Kopf herumschwirrt. Diese Gedanken sind in der Regel nicht für fremde Ohren bestimmt, sondern stellen eine Unterhaltung mit uns selbst dar. Jeder Mensch führt täglich mehrfach sogenannte Selbstgespräche. Während ein Großteil dieser Gespräche sich ausschließlich in unserem Inneren und somit völlig stumm abspielt und nicht nach Außen gelangt, ertappen wir uns gelegentlich doch alle dabei, wie wir tatsächlich laut zu uns selbst sprechen. Auf andere Menschen mag das verwirrend, seltsam und schockierend wirken, weshalb es uns oftmals selbst unangenehm ist. Forscher haben jetzt jedoch herausgefunden, dass Selbstgespräche keinesfalls ein Grund zum Schämen sind. Ganz im Gegenteil – Selbstgespräche zeugen von Intelligenz. Sie können uns anspornen, bei der Suche nach einer geeigneten Lösung für ein Problem unterstützen und uns dabei behilflich sein, unseren Alltag besser zu strukturieren. Wie das genau funktioniert und warum das regelmäßige Führen von Selbstgesprächen dich noch dazu erfolgreicher werden lassen kann, erklären wir jetzt.
Warum führen wir Selbstgespräche?
Das Führen von Selbstgesprächen liegt in unserer Natur. Schon in sehr jungen Jahren, sobald wir das Sprechen erlernen, beginnen wir Menschen damit, Unterhaltungen mit uns selbst zu führen. Besonders deutlich wird dies, wenn man Kleinkinder beim Spielen beobachtet. Die Kleinen brabbeln fröhlich vor sich hin und sprechen ihre nächsten geplanten Schritte oder Handlungen häufig laut aus. Auf diese Weise verbessern die Kinder nicht nur ihre Sprachkenntnisse und Aussprache, sondern ordnen gleichzeitig ihre Gedanken. Indem sie laut aussprechen, was sie denken, werden sie in ihrer Denkweise bestätigt und dazu verleitet, zu handeln. Genauso funktioniert jedoch nicht nur das Gehirn von Kindern, sondern eben auch das von erwachsenen Menschen. Mit fortschreitendem Alter gewöhnen sich Kinder das „laute Denken“ ab, da dieses in unserer Gesellschaft nach wie vor als seltsam definiert wird. Dies ist jedoch bedauerlich, da Selbstgespräche unser Gehirn dazu anspornen können, die Gedanken klarer zu fassen und sich einen Überblick zu verschaffen. Auf diese Weise gelingt es uns, unseren Fokus auf einen Aspekt zu legen und nicht im Chaos unserer Gedanken zu versinken oder uns zu stark von Impulsen ablenken zu lassen.
Welchen Einfluss können Selbstgespräche auf uns nehmen?
Wir allen können enorm von regelmäßigen Selbstgesprächen profitieren. Sobald du einen Gedanken laut aussprichst, bekommt dieser eine besondere Bedeutung und dein Gehirn fokussiert sich wie von selbst auf diesen speziellen Gedanken. Dies hat zur Folge, dass du andere Gedanken oder auch Emotionen, die dich beschäftigen, besser steuern und sogar ausblenden kannst. Stellt sich dir also beispielsweise ein Problem, für das eine Lösung gefunden werden muss, so ist es besonders ratsam, eine Diskussion mit dir selbst hierüber zu führen. Sprich das Problem oder die Fragestellung laut aus und lenke deine volle Aufmerksamkeit hierauf. Nun hast du Gelegenheit, verschiedene Optionen oder Vorgehensweisen durchzuspielen und deren Vor- und Nachteile abzuwägen. Das bewusste Führen von Selbstgesprächen verbessert deine Chancen auf das Finden geeigneten Lösungen und unterstützt dein Gehirn aktiv und äußerst effizient.
Die Art und Weise, wie du zu dir selbst sprichst, kann für den Erfolg des Gesprächs und dem hieraus resultierenden Ergebnis entscheidend sein. Forscher haben herausgefunden, dass Menschen sich besser und objektiver auf ein Problem oder eine Fragestellung einlassen können, wenn sie nicht in der Ich-Form zu sich sprechen, sondern stattdessen das „du“ benutzen. Diese Vorgehensweise kreiert eine gewisse Distanz, die eine tatsächliche Bereicherung bei dem Finden von Lösungen darstellen kann. Die Du-Form setzt dich also insgesamt weniger unter Druck, weil sie dir das Gefühl vermittelt, du wärst nicht selbst von dem Problem betroffen. Dies hat zur Folge, dass du effizienter denken und seltener in unglückliche Lagen oder Stress geraten kannst. Deutlich wird dieses Phänomen beispielsweise daran, dass es dir sicherlich viel leichter fällt, Freunden oder Bekannten bei der Lösung ihrer Probleme zu helfen, als eigenständig eine Lösung für deine eigenen Probleme zu finden. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass das Gehirn produktiver arbeitet, wenn die Emotionen sich im Hintergrund halten. Dies geschieht immer dann, wenn du selbst nicht unmittelbar betroffen bist und eine objektivere Haltung einnehmen kannst.
Außerdem können Selbstgespräche dir auch dabei helfen, Wut, Trauer oder Frust besser zu verarbeiten und aufkommenden Ärger Luft zu machen. Ein Selbstgespräch fungiert in einem solchen Fall als Ventil und verhindert, dass Emotionen unterdrückt werden und sich zu stauen beginnen. Regelrechte Wutausbrüche oder Nervenzusammenbrüche sollen schließlich verhindert werden.
Selbstgespräche als Motivation nutzen
Auch im Hinblick auf Eigenmotivation und Engagement können sorgsam geführte Selbstgespräche wahre Wunder bewirken. Wenn unangenehme Dinge zu erledigen sind oder Prüfungen jeglicher Art anstehen, kann es sinnvoll sein, vorab mit sich selbst darüber zu sprechen. Anders, als bei der Suche nach Lösungen oder der Problembeseitigung, solltest du hier allerdings in Ich-Form zu deinem Inneren sprechen. Positive Aussagen tun deinem Selbstbewusstsein gut, stimmen dich optimistisch und sind somit ein Garant für Erfolgserlebnisse. Sage dir selbst, dass du alles schaffen kannst und sporne dich aktiv selber an, indem du dir immer wieder laut sagst, wie stolz du auf dich sein kannst. Derartige Gespräche steigern nicht nur deine Motivation und tragen dazu bei, dass du letztlich aktiv wirst, sondern ermöglichen dir gleichzeitig eine höhere Leistungsfähigkeit. Auf negative Beurteilungen und zu scharfe Selbstkritik hingegen solltest du unbedingt verzichten. Diese wirken sich negativ auf dein Selbstwertgefühl und deine Stimmung aus und können in Härtefällen zu Depressionen oder ausgeprägten Selbstzweifeln führen.
Gedächtnistraining und Lernhilfe
Auch für das Einprägen von wichtigen Daten können Selbstgespräche eine tolle Unterstützung darstellen. Vielen Menschen fällt es leichter, sich Dinge zu merken, wenn sie sie selbst ausgesprochen und im selben Zuge gehört haben. Dies kann nicht nur bei schlichtem Auswendiglernen von Vorteil sein, sondern auch altersbedingter Vergesslichkeit entgegenwirken. Der Merkeffekt von Informationen jeglicher Art ist erwiesenermaßen besser, wenn diese laut gesprochen werden. Sowohl beim Training von Vokabeln oder Prüfungsvorbereitungen, als auch bei Gedächtnistrainingseinheiten der älteren Generationen können korrekt geführte Selbstunterhaltungen äußerst nützlich sein.
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