Wer schön sein will, muss leiden. Erfolg heißt, über Leichen zu gehen. Von nichts kommt nichts. Jeder kennt diese Sprüche und die meisten Menschen können sie nicht mehr hören. Oder kritisieren gar das Disziplinarische, Strenge und irgendwie Konservative, das in ihnen mitschwingt. Doch es lässt sich nicht leugnen, dass Schönheit und Erfolg sich nicht von alleine und über Nacht einstellen. Für sie muss nun einmal etwas getan werden. Und sie erfordern, gerade auch von Frauen, die es beispielsweise in der harten Geschäftswelt leider oft noch schwerer haben, als Männer, eben auch bestimmte Opfer.
Was heißt es, Opfer für etwas zu bringen?
Keine Angst: Über „Leichen“ im wörtlichen Sinne des Wortes muss niemand gehen, um schön zu sein, bzw. sich schön zu fühlen oder um Erfolg zu haben. Dennoch ist eine innere Bereitschaft erforderlich, gewisse Opfer im Sinne von Abstrichen zu machen, auf Dinge zu verzichten und eventuell auch Risiken einzugehen, um große Ziele zu erreichen.
Besonders mentale Stärke und Ausdauer, Willenskraft und Durchhaltevermögen sind gefragt, wenn es darum geht, einem brennenden Wunsch nachzueifern. Wer sich sportlichen Erfolg und vielleicht ein ganz konkretes Ziel vornimmt, muss damit rechnen, dass das Training zur Herausforderung wird. Dass eine Menge Freizeit verlorengeht. Dass weniger entspannt werden kann. Und dass der Prozess zum Erfolg manchmal nicht aufregend, spannend oder gar glamourös, sondern ganz einfach nur anstrengend und hart sein wird.
Der Weg vor allem zum Erfolg kann daher oft nur zu Ende gegangen werden, wenn sich das gesamte Denken auf ein Ziel fokussiert. Wenn das Aufgeben keine Option darstellt und man die Rückschläge einstecken kann, weil man sich die Risiken, sie zu erleiden, vielleicht auch schon im Voraus bewusst gemacht hat. Wichtig ist dabei jedoch auch, nicht zu weit zu gehen und die eigene Gesundheit oder Zufriedenheit aufs Spiel zu setzen. Sonst nämlich wird das Verfolgen eines Ziels zur Obsession. Man jagt nicht mehr dem Glück nach, sondern verehrt einen falschen und vielleicht sogar gefährlichen Götzen.
Wenn das opfern ungesund wird
Gegen das schlechte Gewissen
Ungesund wird das opfern für Schönheit und Erfolg etwa dann, wenn alles, was dem Erreichen eines Ziels im Wege steht, als schädlich wahrgenommen wird. Vergisst man etwa, dass zwar das gesetzte Ziel vielleicht zunächst das Wichtigste ist, dass aber auch noch andere Eckpunkte das Leben ausmachen, kann es schnell zu einem Ungleichgewicht und zur Dysbalance kommen.
Um beim bereits oben genannten Thema Sport zu bleiben, der ein gutes Beispiel abgibt, da er von vielen Frauen betrieben wird, um „schöner“, also etwa schlanker, straffer und muskulärer zu werden und gleichzeitig Erfolge eben in diesen Belangen, aber auch im Vorankommen mit Trainingszielen zu verzeichnen: Wer viel Sport betreibt und sich klare Erfolgsziele setzt, muss nicht nur hart trainieren, sondern sich auch passend ernähren. Dennoch sind regelmäßige Pausen und Erholungsphasen sowie Ausnahmen beim Essen nicht nur erlaubt, sondern auch wichtig, um sich zu belohnen, um am Ball zu bleiben und für gesunde Abwechslung zu sorgen. Ein sofortiges schlechtes Gewissen hingegen, wenn einmal etwas getan wird, was dem sportlichen Erfolg jetzt eher im Wege stehen würde, kann wie Gift für die eigene Psyche wirken. Es gilt, sich von dem Gedanken zu befreien, dass nur Perfektion zum Ziel führt. Disziplin ist wichtig, Momente oder Stunden, in denen die Kontrolle abgegeben, der Kopf befreit und entspannt wird, sind es aber auch.
Wer also gerne Schokolade isst und vielleicht sogar einen Cheat Day in der Woche einlegt, wer mal ein Gläschen Wein mehr trinkt oder sich auch mal zwei Tage lang nur wenig bewegt, muss oder sollte besser gesagt nicht gleich ein schlechtes Gewissen haben. Dieses verhindert nur das Genießen des Augenblicks, der das Opfern wieder erträglicher macht.
Extreme und Grenzüberschreitungen
Manche Frauen gehen soweit, sich für das Erfüllen bestimmter Schönheitsideale unters Messer zu legen. Wäre das Opfer dieses Ideals aber nicht die gesündere Entscheidung?
Deutlich schlimmer und gefährlicher als ein schlechtes Gewissen ist es, wenn das Opfern für Schönheit und vor allem für Erfolg extreme Ausmaße annimmt. Im Zuge des Selbstoptimierungswahns, der vor einigen Jahren und mit Zunahme technischer Tools, wie Fitnesstracker & Co. plötzlich explosionsartig um sich griff, sind solche Extreme und Grenzüberschreitungen keine Seltenheit mehr. Auch die großen Plattformen neuer digitaler Medien wie Instagram oder YouTube tragen dazu bei, etwa Schönheitsideale viel direkter und gleichzeitig oft unbewusster zu propagieren, als früher.
Bei vielen vor allem jungen Frauen führen der Konsum und die ständige Präsenz der digitalen Schönheit und der mittels Photoshop optimierten Oberfläche zu einem Werteverfall. Oberstes Ziel ist dann, auszusehen wie diese Influencerin oder dieser Star. Denn damit einhergehen, so die Hoffnung, muss dann auch beruflicher Erfolg oder Erfolg in einer Partnerschaft. Oder soziale Anerkennung. Und vieles mehr. Dass manche Ziele aber für den „Durchschnittsmenschen“ unerreichbar bleiben, weil die Voraussetzungen und Strukturen vielleicht einfach nicht stimmen, wird ausgeblendet oder nicht reflektiert. Oder dass es Ziele gibt, für die das Kämpfen und Opfern sich auf lange Sicht deutlich mehr lohnen würde.
Gerade auch beim Optimieren des Körpers werden häufig Grenzen überschritten, die der Sache nicht unbedingt zuträglich sind. Es ist traurig genug, dass beispielsweise im Spitzensport so extreme Opfer gebracht werden, die dem Körper nachgewiesenermaßen Schaden zufügen. So gehört das Doping etwa seit vielen Jahren einfach dazu und hat sich in manchen Bereichen fast schon zu einer Selbstverständlichkeit entwickelt. Doch auch Hobbysportlerinnen greifen immer häufiger zu Hilfsmittelchen, die das Fett schmelzen und die Muskeln wachsen lassen sollen. Bleibt es im Bereich der Nahrungsergänzungsmittel kann das Ganze noch in Ordnung sein. Wird dagegen zu Pillen und anderer Chemie gegriffen, sind negative Auswirkungen auf die Gesundheit auf lange Sicht aber häufig nicht auszuschließen.
Ein noch extremerer Trend sind Schönheitsoperationen und kosmetische Eingriffe. Nicht nur kosten sie in der Regel eine Menge Geld, viele ästhetische „Korrekturen“ im Sinne der Optimierung des eigenen Aussehens können auch nicht zu unterschätzende Komplikationen nach sich ziehen. Und dennoch werden Schönheits-OPs immer beliebter und selbstverständlicher. Es scheint, als müsse die Definition der Schönheit immer wieder neu erfolgen, um die Bereitschaft zu extremen und gefährlichen Opfern einzuschränken.
Was heißt schon Schönheit?
Wer glatte Beine will, muss dafür unter Umständen leiden. Hält sich das Opfer hierbei noch in Grenzen, ist die Frage in anderen Belangen aber mitunter auch: Ist es das wirklich wert?
Zunächst muss festgehalten werden, dass Schönheit immer subjektiv ist. Die einen mögen impressionistische, die anderen kubistische Malerei. Die einen hören Klassik, die anderen Pop. Und gegenseitig schenkt man sich unter Umständen Verachtung oder man belächelt sich zumindest. Dass es unterschiedliche Geschmäcker gibt ist gut, gesund und wichtig. Fänden alle dasselbe schön und toll, wäre die Welt wohl deutlich langweiliger, als sie es ist. Sich allerdings gegenseitig für den Geschmack auszulachen oder zu verhöhnen, ist eine gefährliche Masche, die gerade dann ungesund wird, wenn es um das eigene Aussehen geht.
So ist das gängige Schönheitsideal für viele Frauen immer noch, schlank, glatt, straff, makellos, gebräunt usw. zu sein. Die Liste lässt sich fortsetzen bis „trendig gekleidet“ und Ähnlichem. Dass diese Attribute allerdings von einer breiten Masse diktiert werden und Opfer, die für das Entsprechen der Mainstreamideale gebracht werden, nicht wirklich dem Glück nach eigenen Überzeugungen zuträglich sind, ist vielen gar nicht bewusst. Außerdem befinden sich Schönheitsideale auch immer im Wandel. Es ist letztlich aber vor allem wichtig, Schönheit für sich selbst zu definieren und diese anzustreben und dafür mitunter auch Opfer auf sich zu nehmen.
Konkret bedeutet das etwa: Schönheit kann auch heißen, Sympathie auszustrahlen. Es geht nicht immer nur um äußerliche Schönheit. Sympathie oder positive Ausstrahlung wiederum ist einem nicht in die Wiege gelegt. Manche Frauen müssen dafür kämpfen, dass man sie als sympathisch und schön im größeren Sinne wahrnimmt. Etwa indem sie an ihrer Ausstrahlung arbeiten, über ihren Schatten springen, eigene Bedürfnisse hinter die anderer stellen usw. Es gilt, abzuwägen, welche Opfer es wert sind, in Kauf genommen zu werden und welche sich vermeiden lassen, weil sie fremdbestimmten Bedürfnissen und Werten zuzuschreiben sind.
Wer Erfolg will und hat, muss mit Konsequenzen rechnen
Missgunst und Neid gehören leider oft dazu, wenn man beruflichen Erfolg hat. Die Bereitschaft, gute Beziehungen zu opfern, muss in diesem Fall gegeben sein.
Wenn es um die Schönheit geht, müssen häufig eigene Bedürfnisse eingeschränkt werden, um größere Ziele zu erreichen. Beim Erfolg im weitesten Sinne hingegen sind es andere Opfer, die oft gebracht werden müssen und die sich aus verschiedenen Gründen einfach nicht vermeiden lassen.
Nehmen wir das Beispiel des Erfolgs im Beruf: Hier ist nicht die Rede davon, dass eigenes Vorankommen gar nur mit dem Leid anderer einhergehen kann. Dass andere ausgebeutet werden müssen, damit man selbst profitieren kann oder Schlimmeres. Eine derartige Philosophie oder Herangehensweise mag finanziellen Erfolg produzieren können, sie endet aber häufig nicht im persönlichen Glück und erst recht nicht im reinen Gewissen.
Es geht vielmehr um Konsequenzen, mit denen man zu leben hat und die sich vor allem auch einstellen, je mehr Erfolg man hat. Nicht selten kann man selbst gegen diese Dinge nichts tun, sind doch andere für sie verantwortlich:
- Beruflicher Erfolg geht oft mit Missgunst anderer einher. Viele sehen die Karriere als einen Konkurrenzkampf. Kollegen und Kolleginnen, mit denen man sich vorher gut verstanden hat, begegnen einen nach einer Beförderung vielleicht mit Abschätzigkeit und Respektlosigkeit. Und das nur, weil man jetzt hierarchisch über ihnen arbeitet. Gerade Frauen haben es in dieser Hinsicht und in existierenden patriarchalen Geschäftsstrukturen häufig noch immer schwer und müssen unter Umständen eine dicke Haut entwickeln.
- Auch gehäufte Stresssituationen und Überstunden sind bei beruflichem Erfolg nicht zu vermeiden. Die Schlafstunden werden aufgrund früher Termine, Meetings usw. mitunter weniger und der Körper muss sich umstellen. Bessere Ernährung und Sport oder andere ausgleichende Tätigkeiten können notwendig werden, um die Belastungen besser durchzustehen.
- Wer spät anfängt Karriere zu machen und noch kinderlos ist, muss den Kinderwunsch mitunter noch einige Jahre nach hinten verschieben. Denn oft erlaubt ein Job in einer wichtigen Position einfach nicht, dass man eine Weile ausfällt oder sich genug Zeit nimmt, um ein Kind angemessen großzuziehen und zu versorgen. Da solche Entscheidungen das weitere Leben bestimmen (können), gilt es natürlich abzuwägen, ob diese Opfer das angestrebte Ziel tatsächlich wert sind.
Halten wir also fest: Egal, ob es sich um die Schönheit im Äußerlichen und Inneren handelt oder um Erfolg jeglicher Art – um Opfer kommt man häufig nicht herum. Allerdings müssen diese Opfer nicht ungesunder Natur sein und vor allem müssen und sollten sie anderen nicht schaden. Die Bereitschaft, selbst auf bestimmte Dinge zu verzichten oder auch einmal ein wenig zu leiden, um hohe Ziele zu erreichen, sollte aber gegeben sein. Denn so lassen sich schwierige Phasen einfach leichter bewältigen!
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