In unserer modernen Zeit gehen Kunstfiguren mit schrillen Ausstattungen, extrovertierten Zügen und geplantem Chaos einher – weit entfernt von der Wirklichkeit, einer realistischen Herangehensweise an die Probleme des 21. Jahrhundert, noch weiter entfernt von einem nachvollziehbaren Dasein. Doch wo immer eine Lady Gaga in Erscheinung tritt, dringt irgendwo eine Lana Del Rey in unsere Dimension, um aufzuzeigen und klarzustellen, dass es auch ganz anders geht! Wie zurückhaltend, verunsichert und fehl am Platz der ikonische Anspruch erscheinen kann, beweist die unter dem Namen Elizabeth Woolridge Grant geborene US-Künstlerin einmal mehr auf ihrem neuen Album “Honeymoon”. Nachdenklich, verspielt, ruhig, introvertiert. Eine Kunstfigur der ganz anderen Art!
Kreativität kennt keine Pause!
Das Vorgänger-Album “Ultraviolence” war kaum im Kasten, da erklärte Lana Del Rey bereits, nicht zu lange ruhen und genießen zu wollen. An der Seite von Co-Produzent und Songwriter Rick Nowels ging es nach wenigen Monaten bereits ins Studio, um die Arbeiten an “Honeymoon” zu beginnen.
Und schon beim ersten Hördurchgang erweist sich das mittlerweile vierte Album der US-amerikanischen Künstlerin als Besonderheit der exquisiten Art. Hörer, die verzweifelt auf der Suche nach sommertauglichen Hits oder Party-Knallern sind, werden vergebens mit dem Kopf schütteln und sich abwenden. Del Rey ist keine neue Beyoncé, Taylor Swift oder Katy Perry: Die Schönheit ihrer Musik offenbart sich nicht nur auf eine oberflächliche, sondern tiefgründige Weise. Ein Durchlauf ist bei Weitem nicht genug, um sämtliche Facetten und Details verinnerlichen zu können. Und eben dieser Faktor zeigt deutlich auf, dass die nordamerikanische Musikkultur noch lange nicht am Ende ist und weit mehr als 08/15-Pop- und R’n’B-Sternchen auf Lager hält.
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Pop der etwas anderen Art
Nein, an allgemeingültige Konventionen hält sich Lana Del Rey nicht. “Honeymoon” präsentiert sich mit einem schwerfälligen, mysteriösen und sehr faszinierenden Charme, der ins Ohr geht und hängen bleibt. Kein klassischer und altbekannter Pop, aber doch auf seine eigene Weise aufbauend und mit positiver Energie versehen, die im grundsoliden, aber wenig herzlichen Musikgeschäft der Moderne aufhorchen lässt. Und dabei ist die Vielfältigkeit und stimmliche Eleganz der Sängerin noch nicht einmal genauer unter die Lupe genommen!
Doch gewisse Mechanismen können nicht bloß schriftlich wiedergegeben werden. Sie müssen erfahren, erlebt, aufgesogen und persönlich verarbeitet werden. “Honeymoon” bietet genau diese Grundlage, die bei der richtigen Herangehensweise nicht mehr loslässt, betört und mit romantischen Gefühlen versieht. Welchen populären Musikerinnen des 21. Jahrhunderts gelingt es noch, derart unterhalten zu können? Nur noch Lana Del Rey macht es möglich!
Fotos: Neil Krug/Universal Music, Amazon