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Kolumne: Barbie knows best

Die Fotos in den Zeitschriften sind allesamt retuschiert und auf Hochglanz poliert. Die Frau, die in Kleidergröße 32 passen soll, existiert im wahren Leben nicht (mehr), denn sie hat sich wundersamer Weise in Luft aufgelöst: Das Schönheitsideal der Frau. Ein alter Hut, über den wir alle gerne lästern. Aber heimlich, still und leise zugeben, dass wir ihm eigentlich entsprechen wollen.

Barbie hätte, wäre sie eine normale Frau gewesen, nicht mal aufrecht stehen können. Das ist seit Jahren bewiesen und angesichts dessen, dass wir unsere Barbies und Kens schon immer lieber nackt als angezogen vor uns hatten, hätte uns das schon im Vorschulalter auffallen müssen. Stattdessen sind wir alle auf den Zug aufgesprungen, man müsse so oder so aussehen, um das Adjektiv „schön“ verliehen zu bekommen. Nicht nur wir Frauen sind diesen Vorstellungen mal verfallen, auch die Männer konnten sich (zumindest nicht alle) dem durchtrainierten Sixpack von Ken entziehen. Oder die blonden Haare, wer erklärt sonst bitte die fiesen Strähnchen von Nick Carter in den 90ern?

Irgendwann habe ich selbst einen Punkt erreicht, an dem ich anfing, Frieden mit mir und meinem Äußeren zu schließen. Ich habe eine undefinierbare Haarfarbe, beispielsweise. Manch einer nennt sie hellbraun, wiederum andere sehen deutliche Parallelen zum straßenköterblond und man darf natürlich nicht vergessen, dass sich mein Deckhaar im Sommer aufhellt und dadurch eher als goldblond eingestuft wird. Früher war das ein großes Problem: Ich war weder blond noch braun. Also habe ich meine Haare gefärbt, um mich wohler zu fühlen: Heraus kam für einige Jahre Rot, dann Schwarz, dann Braun, dann Blond, dann Gelb, dann Orange. In etwa der Reihenfolge. Wohl fühle ich mich allerdings erst seit ungefähr zwei Jahren mit, taddaaa, meiner Naturhaarfarbe. Ich habe nichts gegen Ausprobieren. Aber ich habe auch nichts gegen Ankommen.

Das Kuriose bei meinen Beobachtungen bezüglich Frauen und dem Klischeebild von Schönheit ist, dass wir alle ordentlich und ohne Umschweife darüber lästern – ihm aber trotzdem gerne entsprechen würden. Wenn es die Jeans nur noch in Größe 34 gibt, dann fluchen wir los, wer da denn bitte reinpassen solle, wünschen uns allerdings im Stillen, diejenige zu sein. Und wenn eine langbeinige Blondine eine Bar betritt, räumen viele Singlefrauen zumindest innerlich das Feld. Zugegeben wird die Unsicherheit jedoch nicht, sonst hätte Chiara Ohoven vor ein paar Jahren nicht so unglaublich dämlich behauptet, ihre aufgespritzten Lippen würden nur so groß wirken, weil ihre Haare so blond seien. Ergo: Anstatt so einigen gesellschaftlich erzeugten Zwängen in das zuckersüße Popöchen zu treten, geben wir viel zu oft klein bei.
#ichdachtewirhabendiemanipulationderschönheitsindustrielängstdurchschaut. Es hapert an der Umsetzung.

Die Psychologie sagt, dass der Trend der Schönheitsideale einen Kampf entfacht, den man früher gar nicht kämpfen musste. Warum? Es gab keine Konkurrenz. Papa hat den Mann fürs Töchterchen ausgesucht und alle Beteiligten hatten keine Meinung dazu zu haben, es sei denn, sie fiel positiv gegenüber dem zukünftigen Partner aus. Ende der Geschichte. Und heute, mit dem Recht auf eine eigene Meinung und inmitten tausender Haarfarben sowie verschiedener Bildbearbeitungsprogramme, können wir uns in das verwandeln, das wir sein wollen. Beziehungsweise, ich korrigiere, wir können es versuchen.

Und die Männer? Also, ich finde, die sind dem Schönheitsideal für ihre Verhältnisse genauso verfallen. Aber die meisten stehen wenigstens dazu, pumpen zu gehen, und nehmen ihre Eiweißshakes so wichtig wie manch Deutscher sein Auto. Und einige von ihnen verweilen sogar länger vor den David-Beckham-Postern als manche Frau. #wennschondennschon

Foto: Anika Landsteiner

Anika Landsteiner
Anika Landsteinerhttps://anikalandsteiner.de/
Anika Landsteiner wurde 1987 geboren und arbeitet als Autorin und Journalistin. Ihr Fokus liegt dabei auf gesellschaftlichen Ungerechtigkeiten, Tabuthemen, Feminismus und Popkultur. Als Kolumnistin nimmt sie uns mit auf ihre gedanklichen Reisen und gibt uns immer wieder neue Denkansätze.

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