Verletzt zu werden ist nicht schön. Leider passiert es uns trotzdem, so gut wir uns davor zu schützen versuchen. Bestimmt hast du dich auch schon einmal nicht bei deinem Freund gemeldet, lieber etwas mit den Mädels unternommen oder ihm gesagt, er soll sich erst einmal nicht mehr bei dir melden, wenn er dir wehgetan hat. Du wolltest stark und unabhängig wirken und ihm zeigen, dass sein Verhalten nicht okay ist, er dir damit aber nicht wehtut – was natürlich nicht stimmt. Dabei ist es in Wahrheit Verletzlichkeit, die uns in Beziehungen viel glücklicher machen könnte.
Jeder wird in der Liebe verletzt
Mit der Liebe kommen Hoffnungen, Erwartungen und tiefe Gefühle, die gerne erwidert werden möchten. Das fühlt sich toll an, öffnet aber unser Herz in jeder Hinsicht. Wenn einmal wenig Liebe zurückkommt oder der Partner sich nicht so verhält, wie wir das brauchen, dann tut das weh. Das ist zwar nicht angenehm, aber es gehört dazu. Vor allem als junge Menschen machen wir alle noch Lebenserfahrungen und wissen so lange nicht, wie wir uns in einer Situation besser hätten verhalten können, bis wir sie erleben. Was würdest du beispielsweise tun, wenn du zwar glaubst, deinen Freund zu lieben – aber dann läuft dir jemand über den Weg, der dich total umhaut und das in Frage stellt? Bestimmt fällt dir schnell eine Antwort ein. Aber was garantiert dir, dass du dann wirklich so handelst? Genauso geht es deinen Partnern – und bis sie diese wichtigen Fragen mit sich selbst ausgemacht haben, können in der Liebe Verletzungen entstehen. Selbst einer sehr gefestigten Persönlichkeit kann das noch passieren, wenn Überzeugungen einfach nicht mit denen des Partners übereinstimmen und sich keiner verbiegen (lassen) möchte.
Verletzlichkeit bedeutet Offenheit
Wenn beide nur zumachen, mauern und einander nicht so recht nah kommen lassen, dann hat die Beziehung ein Ablaufdatum. Es gibt natürlich Paare, die damit vollkommen zufrieden sind, wenn sie einander nur jedes Wochenende oder seltener sehen, da ihnen andere Dinge im Leben auch wichtig sind und sie ihren Freiraum brauchen. Doch selbst diese Beziehungen gehen ohne Offenheit nicht gut. Genau das passiert, wenn du deine eigene Verletzlichkeit zulässt – du öffnest dich deinem Partner und zeigst ihm ganz aufrichtig, wie du fühlst. Das kann positiv sein, etwa dann, wenn er sich so verhält, dass dir das gut tut. Sage und zeige ihm das. Besonders schwer ist es, sich im Streit verletzlich zu zeigen. Versuche nicht, deinem Partner glaubhaft zu machen, er könne dich mit seinen Worten oder Taten nicht verletzen. Denn das könnte er dir glauben und genauso weitermachen – wenn es dich nicht verletzt, dann kann es ja nicht so schlimm sein.
Verletzlichkeit schafft Raum für Verbesserung
Selbst nach der Kennenlernphase kennt ihr einander noch nicht in- und auswendig und habt immer Potenzial nach oben. Das geht aber nur, wenn du deinem Partner mitteilen kannst, was dich stört, und seien es nur Kleinigkeiten. Denn selbst diese können sich mit der Zeit zu so einem großen Problem entwickeln, dass ihr auf eine Krise zusteuert. Es bringt dich also nicht weiter, wenn du deine Verletzung herunterschluckst und sie nicht zeigen kannst, nur damit du deinen Partner nicht belastest. Vielmehr nimmst du euch dadurch die Chance, als Paar gemeinsam zu wachsen und eure Beziehung zu stabilisieren.
Verletzlichkeit ist ein Liebesbeweis
In der Liebe ticken wir Menschen manchmal wie kleine Kinder. Stell dir vor, dein Partner würde dir sagen, dass dein Verhalten ihn verletzt, doch dann geht er auf Abstand und zeigt dir die kalte Schulter. Wirklich verletzt wirkt das nicht, oder? Eher trotzig, als würde er dich dadurch dazu bringen wollen, etwas zu ändern, damit er wieder mit dir redet. Das machst du natürlich nicht, denn das assoziierst du nicht mit echter Verletzung – aus gutem Grund, denn dieses Verhalten ist unreif. Leider ist es allzu oft aber Realität. Hätte er dir stattdessen klipp und klar gesagt: „Das tut mir weh“, dann sähe die Welt anders aus. Denn du liebst deinen Partner und willst ihm schließlich nicht wehtun, wenn es sich vermeiden lässt. Das ist viel ehrlicher und so können du und dein Partner auch auf die Gefühle des anderen reagieren.
Der Aua-Trick – wie Verletzlichkeit Streits beenden kann
Niemand streitet gerne, aber wenn es wieder einmal passiert, probiere den Aua-Trick aus. Wenn dein Partner etwas sagt, was dir wehtut, erkläre ihm gar nicht lang und breit, wieso das falsch war. Sage stattdessen genau ein Wort: Aua. Wir verbinden das mit körperlichem Schmerz. Aber nichts anderes als das ist eine seelische Verletzung. Dieses Wort führt dazu, dass der andere innehält, da er zunächst ein anderes Bild dazu im Kopf hat als böse Worte. Ihm wird schnell klar, dass Verletzung immer wehtut, ob körperlich oder seelisch. Und wenn er dich wirklich liebt, dann will er dich nicht verletzen und reflektiert seine Worte und sein Verhalten.
Foto: Racle Fotodesign / stock.adobe.com