Es reguliert den Stoffwechsel, beeinflusst das Energielevel und steuert viele weitere wichtige Funktionen. Trotz ihrer enormen Bedeutung bleibt die Schilddrüse oft ein unbekanntes Wesen, das erst dann Beachtung findet, wenn etwas schiefläuft.
Die Funktion der Schilddrüse
Durch ihre Hormonproduktion übernimmt die Schilddrüse eine zentrale Aufgabe im menschlichen Körper. Diese Hormone, hauptsächlich Triiodthyronin (T3) und Thyroxin (T4), sind essenziell für den Stoffwechsel und wirken sich auf nahezu alle Körperzellen aus. Die Verbindung dieser Hormone erfolgt in den Follikelzellen der Schilddrüse, wo Jod eine entscheidende Rolle spielt. Ohne ausreichende Jodzufuhr ist die Hormonproduktion beeinträchtigt, was wiederum den gesamten Stoffwechsel aus dem Gleichgewicht bringen kann.
Die Regulation der Schilddrüsenaktivität erfolgt durch eine komplexe Rückkopplungsschleife, die das Gehirn involviert. Der Hypothalamus, ein Teil des Gehirns, sendet Signale in Form des Hormons TRH aus, das die Hypophyse anregt, TSH freizusetzen. Dieses TSH wirkt auf die Schilddrüse und veranlasst sie, T3 und T4 zu produzieren und freizusetzen. Wenn genügend Hormone im Blut sind, melden sie dem Gehirn, die Produktion zu drosseln – ein perfektes Zusammenspiel, das den Hormonspiegel im Gleichgewicht hält.
Im Körper erfüllen die Schilddrüsenhormone vielfältige Aufgaben:
- T3 und T4 steuern den Grundumsatz und den Energieverbrauch,
- regulieren die Wärmeproduktion,
- beeinflussen das Wachstum,
- und fördern die Entwicklung des zentralen Nervensystems.
Darüber hinaus spielen sie eine Rolle bei der Herzfunktion, indem sie die Herzfrequenz und den Blutdruck beeinflussen. Störungen in der Hormonproduktion der Schilddrüse können daher weitreichende Auswirkungen auf den gesamten Organismus haben:
Die Schilddrüse und ihre Störungen
Wenn die Hormondrüse aus dem Gleichgewicht gerät, kann das erhebliche Auswirkungen auf das Wohlbefinden haben. Das sind die zwei häufigsten Störungen, die auftreten können:
Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose)
Bei einer Unterfunktion produziert die Schilddrüse zu wenig Hormone, was den gesamten Stoffwechsel verlangsamt. Dies kann eine Reihe von unspezifischen Symptomen hervorrufen, die viele Personen leicht übersehen. Die BKK GILDEMEISTER SEIDENSTICKER zählt in einem aktuellen Beitrag die acht wichtigsten Symptome einer Schilddrüsenunterfunktion auf. Diese sollten beachtet werden, um mögliche Anzeichen frühzeitig zu erkennen und entsprechend zu handeln. Zu den häufigsten Anzeichen zählen unter anderem anhaltende Müdigkeit, unerklärliche Gewichtszunahme und depressive Verstimmungen.
Die Ursachen einer Hypothyreose sind vielfältig. Oft liegt eine Autoimmunerkrankung wie die Hashimoto-Thyreoiditis zugrunde, bei der das Immunsystem die Schilddrüse angreift und ihre Funktion nach und nach zerstört. Ein weiterer häufiger Grund ist Jodmangel, da Jod für die Produktion von Schilddrüsenhormonen unerlässlich ist. Medizinische Eingriffe, wie eine Teilentfernung der Schilddrüse oder eine Radiojodtherapie, können ebenfalls zu einer Unterfunktion führen.
Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose)
Bei einer Überfunktion produziert die Schilddrüse zu viele Hormone, was den Stoffwechsel beschleunigt und den Körper in einen Überaktivitätszustand versetzt. Typische Symptome sind Gewichtsverlust trotz normalen oder erhöhten Appetits, Nervosität und Reizbarkeit sowie Schlafstörungen. Oft berichten Betroffene auch von Herzrasen, Zittern und vermehrtem Schwitzen. Diese Symptome können das tägliche Leben erheblich beeinträchtigen.
Die häufigste Ursache einer Hyperthyreose ist der Morbus Basedow, eine Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem die Schilddrüse angreift und sie zur Überproduktion von Hormonen anregt. Gutartige Schilddrüsenknoten, die eigenständig Hormone produzieren, können ebenfalls zu einer Überfunktion führen. In selteneren Fällen können entzündliche Prozesse oder übermäßige Jodaufnahme ebenso eine Hyperthyreose auslösen. Die Behandlung richtet sich nach der Ursache und kann medikamentös, durch Radiojodtherapie oder chirurgische Eingriffe erfolgen.
Warum bleibt die Schilddrüse oft unbemerkt?
Aufgrund der Tatsache, dass Schilddrüsenstörungen meist schleichend verlaufen, bleiben sie in der Regel unbemerkt. Symptome wie Müdigkeit, Gewichtszunahme oder Nervosität entwickeln sich langsam und werden in der Regel nicht sofort damit in Verbindung gebracht. Dies führt dazu, dass viele Betroffene ihre Beschwerden lange Zeit nicht als Anzeichen einer Schilddrüsenerkrankung erkennen.
Hinzu kommt, dass diese unspezifischen Symptome leicht anderen Gesundheitsproblemen zugeschrieben werden. Müdigkeit wird oft als Folge von Stress oder Schlafmangel interpretiert, und Gewichtszunahme wird mit ungesunder Ernährung oder Bewegungsmangel erklärt. Diese Fehlinterpretationen verzögern eine richtige Diagnose.
Trotz dieser unscheinbaren Anzeichen kann eine unbehandelte Schilddrüsenerkrankung die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen. Die Betroffenen fühlen unverstanden, haben Schwierigkeiten ihren Alltag zu bewältigen oder nehmen falsche Medikamente, ohne die wahre Ursache ihrer Beschwerden zu erkennen.
Diagnostik und Behandlung
Um diese Erkrankung zu diagnostizieren, sind verschiedene Untersuchungen nötig. Der erste Schritt ist meist ein Bluttest, bei dem die Konzentrationen von TSH, T3 und T4 gemessen werden. TSH (Thyreoidea-stimulierendes Hormon) ist der empfindlichste Marker und gibt Aufschluss darüber, ob die Schilddrüse über- oder unteraktiv ist. Niedrige TSH-Werte deuten auf eine Überfunktion, hohe Werte auf eine Unterfunktion hin. T3 und T4 sind die tatsächlichen Schilddrüsenhormone, deren Spiegel im Blut ebenfalls wichtige Informationen über die Schilddrüsenfunktion liefern.
Neben Bluttests kommen auch bildgebende Verfahren zum Einsatz. Ein Ultraschall der Schilddrüse hilft, die Größe und Struktur des Organs zu beurteilen und eventuelle Knoten oder Veränderungen zu entdecken. In einigen Fällen wird eine Szintigrafie durchgeführt, bei der die Funktion der Schilddrüse mithilfe von radioaktiv markierten Substanzen genauer untersucht wird.
Die Behandlung einer Schilddrüsenerkrankung richtet sich nach der Art der Störung. Bei einer Unterfunktion erfolgt die Behandlung in der Regel durch Hormonersatztherapie, bei der die fehlenden Schilddrüsenhormone in Form von Tabletten zugeführt werden. Bei einer Überfunktion kommen häufig Thyreostatika zum Einsatz, die die Hormonproduktion der Schilddrüse hemmen.
In manchen Fällen, etwa bei großen Knoten, Schilddrüsenkrebs oder schweren Formen der Überfunktion, kann ein chirurgischer Eingriff notwendig werden. Dabei wird die Schilddrüse ganz oder teilweise entfernt. Eine schonende Alternative zur Operation ist die Radiojodtherapie, bei der radioaktives Jod verabreicht wird, das gezielt Schilddrüsengewebe zerstört, ohne eine Operation zu erfordern.
Unterschiede zwischen Frauen und Männern bei der Schilddrüse
Es gibt signifikante Unterschiede zwischen den Geschlechtern, die sich auf die Schilddrüse auswirken können, insbesondere in Bezug auf das Risiko von Erkrankungen:
- Häufigkeit: Frauen sind deutlich häufiger von Schilddrüsenerkrankungen betroffen als Männer, insbesondere von Autoimmunerkrankungen wie Hashimoto-Thyreoiditis und Morbus Basedow. Schilddrüsenprobleme treten bei Frauen etwa fünf- bis achtmal häufiger auf.
- Hormonelle Einflüsse: Die weiblichen Hormone, speziell Östrogen und Progesteron, beeinflussen die Schilddrüse stark. Schwankungen während der Pubertät, Schwangerschaft und Wechseljahren erhöhen das Risiko von Störungen. In der Schwangerschaft steigt zudem der Bedarf an Schilddrüsenhormonen.
- Symptome und Diagnose: Frauen zeigen oft Symptome wie Müdigkeit, Gewichtszunahme und Stimmungsschwankungen, die leicht mit anderen hormonellen Veränderungen verwechselt werden. Männer erleben häufiger Symptome, wie Libidoverlust und Muskelschwäche.
- Fruchtbarkeit: Schilddrüsenstörungen können bei Frauen die Fruchtbarkeit beeinträchtigen, Zyklusstörungen verursachen und das Risiko für Fehlgeburten erhöhen.
- Krebsrisiko: Frauen haben ein höheres Risiko, an Schilddrüsenkrebs zu erkranken, obwohl die Gründe dafür noch nicht vollständig geklärt sind.
Vorbeugung und Selbstmanagement
Wie bereits erwähnt, ist eine ausreichende Jodzufuhr essenziell für die Produktion der Schilddrüsenhormone. Eine ausgewogene Ernährung, die jodreiche Lebensmittel wie Meeresfisch, Milchprodukte und jodiertes Speisesalz enthält, ist daher entscheidend. In Gebieten mit Jodmangel oder bei bestimmten Ernährungsgewohnheiten kann eine zusätzliche Jodzufuhr über Nahrungsergänzungsmittel sinnvoll sein.
Stress kann die Schilddrüse erheblich belasten, da er die Hormonproduktion beeinflussen kann. Chronischer Stress kann zu einer Über- oder Unterfunktion führen oder bestehende Schilddrüsenerkrankungen verschlimmern. Maßnahmen wie regelmäßige Entspannungstechniken, ausreichend Schlaf und ein gesunder Lebensstil sind daher wichtig, um die Schilddrüse zu entlasten.
Regelmäßige Kontrollen der Schilddrüsenwerte sind besonders empfehlenswert, vor allem bei familiärer Vorbelastung. Eine frühzeitige Erkennung von Veränderungen kann helfen, schwerwiegende gesundheitliche Probleme zu vermeiden und rechtzeitig geeignete Maßnahmen zu ergreifen.
Mythos vs. Realität: Was stimmt wirklich über die Schilddrüse?
Rund um die Schilddrüse kursieren viele Mythen, die sich hartnäckig halten. Das sind die häufigsten:
- Ältere Menschen sind eher von Schilddrüsenerkrankungen betroffen: Tatsächlich können diese Probleme in jedem Alter auftreten. Das gilt sogar bei Kindern und Jugendlichen.
- Eine Gewichtszunahme ist immer ein Hinweis auf eine Schilddrüsenunterfunktion: Obwohl dies ein mögliches Symptom ist, gibt es viele andere Ursachen für Gewichtszunahme. Hier spielen Faktoren wie Ernährung, Beweglichkeit und genetische Veranlagungen eine wesentliche Rolle.
Wahr ist hingegen, dass eine unbehandelte Schilddrüsenerkrankung ernsthafte gesundheitliche Folgen haben kann. Daher ist es wichtig, Symptome ernst zu nehmen und bei Verdacht ärztlichen Rat einzuholen, um Fehldiagnosen zu vermeiden und rechtzeitig die richtige Behandlung zu beginnen.
Fazit
Trotz ihrer Unscheinbarkeit ist die Schilddrüse ein unverzichtbares Organ, das zahlreiche lebenswichtige Funktionen im Körper steuert. Ihre Rolle und die möglichen Beschwerden, die von Störungen ausgehen können, sollten stärker im Fokus stehen, um Erkrankungen frühzeitig zu erkennen und vorzubeugen. Deshalb ist es entscheidend, regelmäßige Untersuchungen wahrzunehmen und der Gesundheit der Hormondrüse mehr Aufmerksamkeit zu schenken.
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