Ein Gespräch mit Dr. med. Manuel Burzler, Gründer von HealVersity, über die neue Functional-Medicine-Practitioner-Ausbildung und die Zukunft der Gesundheitsbildung.
Warum braucht es gerade jetzt eine Ausbildung in funktioneller Medizin?
Weil unser Gesundheitssystem an seine Grenzen stößt. Chronische Erkrankungen nehmen dramatisch zu, sieben von zehn Todesfällen weltweit gehen darauf zurück. Gleichzeitig verbringen Ärzte im Schnitt sieben Minuten pro Patient. Das reicht, um Symptome zu erfassen, aber nicht, um Ursachen zu verstehen. Es ist Zeit für ein neues Denken in der Medizin, eines, das komplexe Symptome und deren Zusammenhänge erkennt, statt sie zu fragmentieren. Genau hier setzt die funktionelle Medizin an.
Sie sagen, das System sei überfordert mit chronischen Krankheiten. Woran liegt das, und wo setzt die funktionelle Medizin anders an?
Das klassische Gesundheitssystem ist auf Akutmedizin ausgerichtet. Das funktioniert hervorragend bei Notfällen oder Operationen, aber nicht bei langfristigen, multifaktoriellen Krankheitsbildern. Die traditionelle Medizin ist krankheitsorientiert, während die funktionelle Medizin gesundheitsorientiert ist. Sie fragt: Wo ist das System des Patienten aus der Balance geraten und was steckt hinter den Symptomen? Sie schaut auf Ernährung, Umwelt, Mikrobiom, Stress, Genetik, also auf die Faktoren, die unser System täglich beeinflussen. Das ist Ursachenmedizin statt Symptombehandlung.
Viele Menschen hören zum ersten Mal von funktioneller Medizin. Wie würden Sie diesen Ansatz einem Laien erklären?
Funktionelle Medizin versteht den Menschen als vernetztes System. Statt einzelne Symptome isoliert zu behandeln, analysieren wir die zugrunde liegenden biologischen Prozesse und ihre Wechselwirkungen. Chronische Müdigkeit kann zum Beispiel aus Störungen im Darm-Mikrobiom, einer Dysbalance der Hormone, anhaltender niedriggradiger Entzündung oder einer beeinträchtigten Zellenergie entstehen. Auf Basis moderner Diagnostik ordnen wir diese Faktoren ein und entwickeln einen nachvollziehbaren, individuell abgestimmten Therapieplan.
Was lernen Teilnehmer konkret in der Ausbildung zum Functional-Medicine-Practitioner?
Sie lernen, funktionelle Zusammenhänge zu erkennen und zu deuten. Konkret heißt das: Laborparameter interpretieren, Mikrobiom- und Hormonprofile verstehen, Nährstoffdefizite erkennen, Lifestyle-Faktoren gezielt einbeziehen. Das Besondere ist: Wir vermitteln keine Theorie um der Theorie willen, alles ist praxisnah und an realen Fällen orientiert. Nach der Ausbildung können die Teilnehmer ihr Wissen direkt in die Praxis integrieren.
Sie sprechen davon, Ursachen statt Symptome zu behandeln. Können Sie ein konkretes Beispiel nennen?
Ein häufiges Beispiel ist die Hashimoto-Thyreoiditis. In der konventionellen Medizin steht oft die Substitution von Schilddrüsenhormon im Vordergrund. Wir gehen einen Schritt früher an: Wir prüfen entzündliche Prozesse im Darm, die Regulierungsfähigkeit des Immunsystems, den Status zentraler Mikronährstoffe wie Selen, Eisen und Vitamin D sowie Belastungen durch Stress, Schlafmangel oder Umweltfaktoren. Aus der Verknüpfung von Laborwerten, Anamnese und Lebensstil entsteht ein personalisiertes Interventionskonzept, zum Beispiel mit gezielter Nährstofftherapie, Darm- und Entzündungsmanagement, Stress- und Schlafhygiene. So behandeln wir nicht nur die Symptome, sondern adressieren die Ursachen des Ungleichgewichts.
Warum ist das Thema Bildung aus Ihrer Sicht der Schlüssel zur Medizin der Zukunft?
Veränderung entsteht dort, wo Wissen, Kompetenzen und kritisches Denken zusammenkommen. Im Medizinstudium kommen Ernährung, Prävention oder Lebensstilmedizin viel zu kurz – als würde man Ingenieure ohne solide Mathematik schulen. Wenn wir die Versorgung wirklich weiterentwickeln wollen, müssen wir Gesundheit systematisch lehren, statt Krankheit nur zu verwalten: biomedizinische Grundlagen, praxisnahe Diagnostik und wirksame, alltagstaugliche Interventionen. Genau aus diesem Anspruch ist HealVersity entstanden: als Plattform, die evidenzbasierte Inhalte, interdisziplinäres Lernen und klinische Umsetzbarkeit verbindet, damit Fachkräfte Ursachen verstehen, personalisiert handeln und Patienten nachhaltig profitieren.
Die Ausbildung basiert auf US-Standards. Was macht diesen Ansatz besonders?
In den USA ist die funktionelle Medizin längst etabliert. Es gibt akkreditierte Ausbildungsprogramme, Forschungszentren und spezialisierte Kliniken. Wir haben diese Standards übernommen und an den deutschsprachigen Raum angepasst. Das bedeutet: wissenschaftlich fundiert, klinisch relevant und praxisnah, ohne esoterische Umwege. Das ist unser Qualitätsanspruch.
Wie reagiert die klassische Medizin auf diesen neuen Ansatz?
Anfangs mit Skepsis, das ist normal, denn jedes neue Paradigma hinterfragt alte Routinen. Gleichzeitig beobachten wir ein spürbar wachsendes Interesse. Viele Kollegen erkennen die Grenzen rein symptomorientierter Verfahren und suchen nach evidenzbasierten Ergänzungen. Sobald klar wird, dass funktionelle Medizin auf strukturierter Anamnese, standardisierten Laborparametern und nachvollziehbaren, datenbasierten Interventionen beruht, steigt die Offenheit deutlich. Sie haben mit HealVersity einen neuen Bildungsstandard im Gesundheitsbereich geschaffen.
Was war Ihre persönliche Motivation?
Ich wollte zurück zu dem, worum es in der Medizin eigentlich geht: Menschen wirklich helfen. In meiner Arbeit habe ich immer wieder erlebt, dass funktionelle Diagnostik und Lifestyle-Medizin in wenigen Wochen Fortschritte bringen können – dort, wo zuvor jahrelang wenig passiert ist. Dieses Wissen wollte ich nicht für mich behalten, sondern strukturiert weitergeben. So ist HealVersity entstanden: als Grundlage, die Wissenschaft und Praxis verbindet, damit die Behandler Ursachen erkennen, individuell begleiten und Patienten spürbar profitieren.
Wenn Sie in die Zukunft blicken, wo steht die funktionelle Medizin in zehn Jahren?
In zehn Jahren gilt funktionelle Medizin hoffentlich als Standard: interdisziplinäre Teams, Therapiepläne beginnen mit Ernährung, Schlaf, Bewegung und Stressregulation, personalisiert durch Präzisionsdiagnostik. Digitale Tools und KI erkennen Muster früh und halten Menschen langfristig gesund. Und wahrscheinlich nennen wir das dann einfach: Medizin, die funktioniert.
Vielen Dank für das Gespräch. Mehr über funktionelle Medizin erfahren Sie hier: https://www.healversity.com/functional-medicine-practitioner/
















