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Kolumne: Hallo? Hallo…??

Es ist so: Reden macht mich glücklich. Mucho! Da bin ich nicht alleine, oder? Und weil ich weiß, dass ich in einer Diskussion, in der es eher um Eloquenz als um die besseren Argumente geht, niemals den Kürzeren ziehe, trifft man in meiner Beziehung öfter mal den Monolog anstelle des Dialoges an.

Ein Mann ein Wort, eine Frau ein…?

Nein. So klischeebehaftet wollen wir mal nicht anfangen, dazu kommen wir später.

Fakt ist dennoch, dass ich oft beobachte, wie Frauen gerne mal verbal ihr Gegenüber überrollen. Wenn ich an der Ampel stehe und neben mir eine zierliche und eigentlich süß-possierliche Dame ihre Wortakrobatik ins Handy schreit, dabei nie Luft holt und trotzdem die Worte perfekt betont und platziert, dann denke ich mir: Großes Kino! Und: Der arme Mann. Denn klar ist, dass da ein Mann am anderen Ende ist, der wahrscheinlich irgendwas verbockt hat. Geburtstag vergessen, Mädel versetzt, mitten in der Nacht betrunken nach Hause gekommen…

Wenn ich anfange, mich in Wallung zu reden, dann hat mein Freund eigentlich gar keine Chance mehr. Der ist nämlich jemand, der ein paar Minuten Stunden braucht, um die Lage einzuschätzen, die Situation in Ampel-Stufen zu gliedern, um sich dann die richtigen Argumente zurecht zu legen. Was für mich zu einem unglaublich unbefriedigenden Monolog heranreift, denn mir selbst zuzuhören ist ja schön und gut, aber das bringt uns in der Problematik nicht weiter. Alles, was ich höre, ist dann sowas: „Ich weiß nicht, was ich sagen soll, du hast doch eh schon alles gesagt.“ Ich muss ehrlich zugeben, dass mich das zum Nachdenken gebracht hat und ich mich mittlerweile dazu zwinge, minutenlang wortlos zurück zu starren.

Warum ist das so? Haben Frauen einfach an sich mehr Lust, zu diskutieren und am Ende zu hören, sie seien im Recht? Finden Männer Verbalkämpfe einfach zu anstrengend und sind harmoniebedürftiger? Denn, um mal ehrlich zu sein, mit meiner Freundin rede ich nie so, wie mit meinem Partner. Zwar kann es da auch mal krachen, aber irgendwie läuft das trotzdem ruhiger und – ich gebe es zu – einfach netter ab.

Hm.

mann_frau

Vorurteile kommen nicht von ungefähr und Klischees hat sich niemand heimlich, still und leise in einer Höhle sitzend mal ausgedacht. Nicht ohne Grund findet man im Kreise von Frauen immer Leidtragende, denen es genauso geht, wie einem selbst. Schaut dein Freund dich auch immer nur perplex an, wenn du ihm die Meinung geigst? Und bei den Männern ist es natürlich genauso. Manchmal frage ich mich, wann meine Frau auch mal Luft holt zwischen ihren Vorträgen.

Aber je länger ich darüber nachdenke, desto schöner finde ich diese großen Unterschiede zwischen Mann und Frau. Vor allem in diesem Fall. Und im Großen und Ganzen gilt: Die Mischung macht’s, klar. Einen stummen Fisch hat sich noch keiner geangelt und eine Quasseltante wird irgendwann mit sich alleine telefonieren. Hallo? Hallo…??

Nichtsdestotrotz fühle ich mich verdammt gut bei dem Gedanken, dass ich alle meine männlichen Freunde in die verbalen Jagdgründe argumentieren kann – selbst wenn sie sich viel besser mit dem diskutierten Thema auskennen als ich. Harr Harr.

Anika Landsteiner
Anika Landsteinerhttps://anikalandsteiner.de/
Anika Landsteiner wurde 1987 geboren und arbeitet als Autorin und Journalistin. Ihr Fokus liegt dabei auf gesellschaftlichen Ungerechtigkeiten, Tabuthemen, Feminismus und Popkultur. Als Kolumnistin nimmt sie uns mit auf ihre gedanklichen Reisen und gibt uns immer wieder neue Denkansätze.

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