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Kolumne: Talk is cheap!

Wenn mich jemand nach meinem Hobby fragen würde, würde ich wahrscheinlich sagen: Reden. Wasserfallartige Monologe, Diskussionsrunden und stundenlange Gespräche mit Freundinnen – das füllt mich aus. Nur eine Sache merke ich dabei ganz stark: Das Fühlen verirrt sich im Denklabyrinth.

Dem Reden geht das Denken zuvor und mit dem Denken geht die Analyse Hand in Hand. Ohne nähere Betrachtung bedeutet das eigentlich etwas Positives. Man macht sich Gedanken über etwas, man reflektiert und lässt nicht alles unberührt an sich vorbeiziehen. Doch in einem Zeitalter, das die Talk-Show zum Leben erweckt hat, in dem Gesprächsrunden für einen politisches Diskurs stehen und man immer mehr Leute beobachtet, die lieber mit sich selbst sprechen als zu schweigen, komme ich nicht umhin, mich zu fragen:
Wann sind wir an dem Punkt angelangt, an dem es nichts mehr zu besprechen und zu analysieren gibt? Ein Punkt, an dem alles gesagt wurde und alle Richtungen gedanklich eingeschlagen – werden wir dann schweigen? Was wird dann passieren?

Am Wochenende saß ich mit ein paar Freundinnen zusammen, als das Thema aufkam, wie seltsam es doch sei, wenn bei einem ersten Date gar nicht geküsst wird. Oder vielleicht nur ganz dezent platziert zum Abschied. Was ich persönlich einfach nur unter Romantik verbuchen wollte und meine Freundin zu überzeugen versuchte, dass da jemand (glücklicherweise!) von der alten Schule sei, fiel nicht wirklich auf fruchtbaren Boden. Es wurde weiter darüber debattiert, ob es etwas Negatives bedeuten könnte, dass der future-boyfriend die Herzensdame nicht beim nächtlichen Abendspaziergang ins dubiose Kornfeld gezogen habe, sondern lieber mit ihr bis morgens Arm in Arm durch die schummrigen Straßen lief. Ich finde ja, das ist einen Hach-Moment wert. Eventuell zwei.

Und was ich damit sagen möchte: Wir – vor allem wir Frauen – müssen verdammt nochmal aufhören, jedem Mann die Worte in den Mund zu legen, bevor er sie überhaupt mal gedacht hat. Gepaar mit dem Hobby, einfach in jedes Blinzeln etwas hineinzuinterpretieren. Und das nur aus der Gewohnheit heraus, sich über jegliche Begegnung millionenfach Gedanken zu machen und davon auszugehen, die Erfahrungen würden sich immer wieder bestätigen.

Ich nehme mich da ganz und gar nicht heraus. Von außen betrachtet sieht die Situation wundervoll aus. Das, was wir bei einem Hollywoodfilm als überaus gentleman-like betiteln. Wäre ich selbst in der Situation, hätte ich entweder schon 10 Kolumnen geschrieben oder würde in einem Berg aus Pro und Contra-Listen sitzen.

Zu viel Reden und das damit verbundene Denkwerk sind Werkzeuge des Geistes, die den Raum für Wunder nehmen. Ihn nicht nur nehmen, sondern gar nicht erst geben. Es ist für uns alle so schwer geworden, den Dingen ihren Lauf zu lassen und nicht an Vergangenem zu klammern. Der Grund dafür ist, dass wir das Reden über diese alltäglichen Probleme mit Sicherheit verwechseln. Weil alles, was wir kennen, wir aus dem hauseigenen Erfahrungswert schöpfen. Der ist meist randvoll. Und wir kleben daran fest und reden, bis wir über unseren verwirrten und rauchenden Köpfen stolpern und fallen.

Ob uns das wirklich weiter hilft? Wer die Worte aus dem eigenen Mund und die Gedanken, die er noch nicht kontrollieren kann, nicht ganz so ernst nimmt, hat eine Chance darauf, auch mal wieder etwas zu erfahren, was ganz neu ist. Ihn umhaut und mal inne halten lässt. Kein Alles-besser-wissen, kein Umdrehen und von allen Seiten beleuchten. Ne, nur ein kleines Wunder vielleicht. Und wenn’s nur das ist, dass es vielleicht endlich wieder mal klappt, mit diesen ersten Dates und den Schmetterlingen im Bauch.
 

 

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Foto: Anika Landsteiner privat

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