StartLifestyleUmweltFlugscham: Wie sinnvoll ist eine CO2-Kompensation?

Flugscham: Wie sinnvoll ist eine CO2-Kompensation?

Das Weltklima verändert sich, so viel ist klar! Als Hauptauslöser für die schleichende Temperaturerwärmung sowie drastische Wetterveränderungen gelten von Menschen verursachte Treibhausgase. Jährlich werden weltweit 30 bis 40 Milliarden Tonnen CO2 durch Industrie, Fahrzeuge, Flugzeuge und heimische Heizungen in die Luft geblasen. Umweltschützer und Klima-Apostel haben es mit ihren Mahnungen jetzt zunehmend auf den Einzelkonsumenten und insbesondere das Fliegen abgesehen.

Das Problem mit dem CO2

Tatsächlich macht CO2 trotz der enormen Emissionen nur einen winzigen Teil der gigantischen Erdatmosphäre aus. Dennoch können bereits kleinste Mengen dynamische Systeme empfindlich stören. Bewiesen ist dieser Einfluss zwar noch nicht und Gegner der Klimawandel-Theorien führen gerne ins Feld, dass es klimatische Veränderungen auf der Erde schon immer gegeben hat und weiterhin geben wird. Eines liegt jedoch auch für den Laien klar auf der Hand: es kann nicht allzu gut für den Planeten, die Umwelt, Mensch und Tier sein, wenn Unmengen von schädlichen Substanzen und Giften in die Atmosphäre gelangen! Die letzten 100 Jahre ist die Durchschnittstemperatur auf der Erde um ca. 1° Grad gestiegen. Das klingt zuerst minimal, trotzdem ist dieser kleine Anstieg dafür verantwortlich, dass Gletscher und die Pole schmelzen! Geht diese Entwicklung weiter, wären dramatische Wetterveränderungen sowie weitreichende Katastrophen durch Überschwemmungen oder Hitzeperioden zu befürchten.

CO2 und das Fliegen

Die meisten Treibhausgase entstehen durch die industrielle Verbrennung fossiler Brennstoffe wie Erdöl, Erdgas und Kohle. Kohlekraftwerke pusten eine enorme Menge in Luft und grundsätzlich fällt überall, wo geheizt und Motoren betrieben werden, CO2 an. Private Haushalte tragen durch PKW-Nutzung, Heizung, unter Energieeinsatz hergestellte Konsumgüter und die Nutzung von Flugzeugen zum CO2-Ausstoß bei. Der Klima-Hype rund um das Fliegen hat derzeit einen Höhepunkt erreicht. Klimaschützer rechnen beruflichen Vielfliegern wie auch ganz normalen Urlaubsfliegern die eigene CO2-Schandtat vor und fordern vehement einen Ausgleich. Um die freiwillige Bereitschaft der Menschen zu dieser Abgabe zu steigern, wird „Flugscham“ propagiert. Neben all der Schwarzmalerei, den täglichen Terrormeldungen und gesellschaftlichen Ängsten sollen wir uns jetzt also auch noch kräftig schämen, wenn es mit dem Flieger in die schönste Zeit des Jahres geht.

Ein paar Daten und Fakten

In Deutschland liegen die CO2-Emissionen jährlich bei etwa 900 Millionen Tonnen CO2. Laut Berechnungen diverser Umweltschutzorganisationen entfallen etwa 11 Tonnen CO2 auf jeden einzelnen Bundesbürger. Dem privaten Flugvergnügen käme, wenn man denn überhaupt fliegt, dabei ein Großteil der jährlichen Klimabilanz zu. Immerhin verursacht ein achtstündiger Flug bereits 3,8 Tonnen CO2 pro Person. Sogenannte Klima-Kompensatoren mahnen jeden einzelnen Flieger für die verursachte Umweltverschmutzung einen freiwilligen Ausgleich zu leisten.

Den eigenen CO2-Ausstoß kompensieren

Im Internet finden sich inzwischen zahlreiche Rechner, hinter denen große Organisationen stehen. Die Ergebnisse und Werte fallen dabei je nach System leicht unterschiedlich aus. Gibt man die Werte für den eigenen Flug ein, erscheint der Ausgleichsbetrag. Diesen kann der Abgabe-Willige dann an eine entsprechende Organisation zahlen und so den eigenen ökologischen Fußabdruck neutralisieren. Nur leider scheint es wie immer so, dass nur ein bestimmter Anteil der Bevölkerung an solchen Aktionen teilnimmt. Die Mahnungen und Schlechte-Gewissen-Kampagnen treffen vor allem wieder diejenigen, die sich aus Gewissensbissen schon gar nicht mehr zum Discounter trauen oder Bananen aus konventionellem Anbau essen können. Der Rest der Bevölkerung, berufliche Vielflieger und Privatjet-Besitzer werden sich wahrscheinlich nur in Ausnahmefällen um solche Abgaben scheren.

Wohin die Gelder fließen

Umweltorganisationen, die sich die CO2-Kompensation auf die Fahne geschrieben haben, wachsen derzeit wie Pilze aus dem Boden. TheCompensators beispielsweise kaufen mit Spendengeldern Emissionsrechte und lassen sie dann löschen. Atmosfair investieren in Projekte, die der Abholzung von Wäldern in Drittweltländer entgegenwirken sollen und Myclimate investiert in Windräder sowie Solarbrenner für die arme Landbevölkerung. Andere Organisationen forsten Regenwald in Asien oder Südamerika systematisch auf. Eigentlich eine gute Sache, oder?

Bitte immer kritisch bleiben!

Wer etwas Gutes tun kann und möchte, sollte das absolut tun! Dann aber, weil er oder sie Freude dabei empfinden und nachher mit einem guten Gefühl in den Flieger steigt. Wer nur aus Schuld und Scham die letzten Heller abdrückt, die eigentlich für Pizza und Eis im heiß geliebten Urlaubsland gedacht gewesen wären, sollte es besser sein lassen!

Sicher ist es wichtig, dass jeder einzelne seinen Beitrag leistet, wenn er kann. Was bei all diesem Aktionismus jedoch völlig auf der Strecke zu bleiben scheint, ist die Tatsache, dass Lobbyisten der großen Industrienationen immer noch alternative Antriebstechniken, die theoretisch längst möglich wären, unterdrücken. So werden weiter Unmengen CO2 ausgestoßen und einzelne Verbraucher mit einer Flugscham mürbe gemacht. Das kann einzelnen Menschen, die sich bisher überhaupt keine Gedanken um Umwelt und das eigene Konsumverhalten machten, nicht schaden, anderen schon. Gehörst du nun zu den Menschen, die sich vor Horrormeldungen nicht mehr vor die Tür trauen, dann vergiss die Flugscham bitte ganz schnell!

Stiftung Warentest hat’s getestet

Wer immer sich dazu entscheidet, sollte gut auf die kompensierende Organisation und deren Arbeitsstil achten. Kommt eine Firma mit positiven Leitsätzen daher und scheint wahrhaftig engagiert, dann steht der CO2-Neutralisierung wohl kaum etwas im Wege! Solche Firmen, die extrem mahnen und ausschließlich über schlechtes Gewissen und Schuldzuweisungen arbeiten, solltest du möglichst meiden. Zudem ist inzwischen ein ausführlicher Bericht der Stiftung Warentest zu den Klima-Kompensatoren und deren Arbeit erhältlich.

„Klimaneutral“ scheint sich zu einem neuen Trend zu entwickeln. Doch nicht überall müssen die Versprechungen auch gehalten werden, zumal dieses Siegel nicht geschützt ist. Reiseunternehmer, Hoteliers und Busunternehmen bieten immer öfters teurere Tickets und Raten für Übernachtungen als angeblich „klimaneutral“ an. Kleine Beträge locken oftmals damit, das beim Reisen aufkommende schlechte Gewissen schnell und nebenbei zu beruhigen. Gibt ein Anbieter jedoch nicht gleichzeitig leicht verfügbar und transparent weitere Informationen über den Verbleib der Gelder, solltest du solche Tarife besser meiden.

Umweltschutz ist eine gute Sache! Allerdings machen Medien, Politik und Wissenschaft den Menschen heute schon mit so vielen Dingen Angst, dass wir sicher nicht auch noch eine Flug- oder Urlaubsscham brauchen. Viele Menschen sparen sich den Jahresurlaub hart zusammen oder junge Menschen freuen sich lange auf die ersehnte Weltreise. Wer kann, sollte einen sinnvollen, vertretbaren und bezahlbaren Beitrag leisten und ansonsten einfach auch mal mit dem Auto oder dem Zug in den Urlaub fahren.

 

Foto: Robert Hoetink / stock.adobe.com

AJOURE´ Redaktion
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