StartPeopleInterviewsKaroline Schuch: Ihr Spagat zwischen Dreharbeiten und Quality-Time

Karoline Schuch: Ihr Spagat zwischen Dreharbeiten und Quality-Time

Seit über 18 Jahren ist Karoline Schuch aus der deutschen Filmszene nicht mehr wegzudenken. Angefangen bei „Verbotene Liebe“ bahnte sie sich zielstrebig ihren Weg nach ganz oben. Jetzt steht Michael Bully Herbigs neuer Kinofilm „Ballon“ in den Startlöchern und sie spielt als Doris Strelzyk die Hauptrolle. Wir wollten uns die Möglichkeit nicht nehmen lassen, uns auf einen Kaffee am Berliner Gendarmenmarkt mit Karoline zu treffen. Die 1,56m große Schauspielerin brachte uns von Anfang an mit den lustigsten Sprüchen zum Lachen und wir können heute problemlos behaupten, dass es sich bei ihr um eine der angenehmsten Persönlichkeiten des deutschen Fernsehens handelt.

 

Karoline, am 27.9.2018 startet der neue Kinofilm „Ballon“. Wie findest du, ist er geworden? Auf was dürfen sich die Zuschauer freuen?

Der Film ist ein totaler Knaller geworden. Es ist natürlich ein Wagnis, denn Ballon ist ein Thriller, also ein Genre, das in Deutschland an den Kinokassen seine Probleme hat. Aber, und da sind wir Schauspieler uns einig, wenn es einer auf jeden Fall kann, dann ist das Bully Herbig. Ich habe den Film vor kurzem das erste Mal ganz alleine im Kino gesehen und war wie gefesselt, obwohl ich das Buch ja in und auswendig kenne. Der Film steigt von der Spannung her bereits sehr hoch ein und er bleibt die ganze Zeit auf diesem Level, gleichzeitig ist er sehr emotional und von allen toll gespielt.

Worum geht es denn genau?

Zwei Familien versuchen nachts im Heißluftballon über die Grenze zu flüchten und das jüngste Kind an Bord ist gerade einmal zwei Jahre alt. Und wenn man das den Leuten erzählt, dann denken immer alle „krass“. Und so ist der ganze Film – hochemotional, wahnsinnig spannend und sehr berührend. Und wenn man sich dann vor Augen hält, dass es sich um eine wahre Geschichte handelt, dann findet man die ganze Story noch spannender, als sie sowieso schon ist. Und ich muss dazu sagen, dass sich Bully sehr an die Fakten hielt, die von damals übermittelt wurden und bekannt waren. Wir waren also so nah an den wahren Begebenheiten dran, dass es, wenn man dies weiß, einem beim Anschauen durchaus einen Schauer über den Rücken laufen lassen wird.

Karoline Schuch in Ballon
Karoline Schuch in Ballon

1982 gab es diese Story schon einmal mit dem Titel „Mit dem Wind nach Westen“. Damals handelte es sich allerdings um eine amerikanische Produktion, die ziemlich gefloppt ist. Habt ihr euch den Film trotzdem vorher angeschaut?

Nein. Ich nehme an, dass Michael Bully Herbig den Film wohl gesehen haben wird. Mir wurde gesagt, dass dieser Film sich wenig an die Fakten hielt und nicht besonders interessiert war, den Osten real abzubilden – das interessiert mich dann auch nicht besonders.

Ist es denn immer so, dass du einen Film, den du gerade abgedreht hast, so gut findest? Oder ist Ballon da schon herausragend?

Ich bin ja schon eine Weile dabei und ich hatte oft Momente, wo ich einen Film zum ersten Mal gesehen habe und dachte: „okay, meine Karriere ist vorbei“ (lacht). Meistens dann, wenn das, was ich mir vorgenommen habe, meiner Meinung nach nicht aufgegangen ist. Man muss aber total zwischen der eigenen und der Fremdwahrnehmung unterscheiden. Und oft sieht man den Film noch nicht in der Endmischung und meistens auf viel kleineren Leinwänden oder sogar nur auf DVD. Da kommen so viele Faktoren dazu, dass es am Ende vielleicht doch ein guter Film wird. Aber genau diese Faktoren kann ich mittlerweile ganz gut abstrahieren.

Du bist 1981 in Jena auf die Welt gekommen. Also DDR-Gebiet, zur damaligen Zeit. Du warst also bei der Wende acht Jahre alt. Hast du daran noch Erinnerungen?

Ich erinnere mich zum Beispiel an eine Reise nach Westberlin, die ich mit meinem Vater kurz nach dem Mauerfall gemacht habe. Wir sind erstmal einfach so in einen Linienbus gestiegen, die heutige Linie 100, denke ich. Mein Vater ist tief berührt gewesen, dass wir plötzlich einfach so an dieser Grenze vorbei und an der Mauer entlangfahren konnten – mich hat vor allem dieser Doppelstockbus interessiert, in dem wir saßen, sowas hatte ich noch nie gesehen. Damals hat ja jeder DDR-Bürger, auch Kinder, dieses Begrüßungsgeld bekommen. Jeder bekam 100 Mark und davon habe ich mir Obst gekauft. Ich hatte vorher zum Beispiel noch nie eine Sternfrucht gesehen. Das war alles so schön und bunt. Und anfangs habe ich das auch gar nicht gegessen, sondern nur angeschaut, weil es eben so schön war. Dann kaufte ich mir eine Magic-Hair-Barbie. Und damit war ich das glücklichste Mädchen der Welt.

Spielten diese Erfahrungen in deine Rolle mit ein? Hat es dir die Rolle erleichtert?

Ich glaube schon. Vielleicht auch, weil ich diese Gegend ein bisschen kenne. Ich muss aber schon dazu sagen, dass ich damals noch ein Kind war. Diese Beklemmungen und diese Enge, die dieser Staat mit sich gebracht hat, die habe ich so nicht empfinden können, weil ich darüber einfach nicht genug Bescheid wusste. Ich war jung, hatte einen Spielplatz und ich hatte meine Eltern um mich herum. Ich war durch dieses System nicht wirklich beeinträchtigt. Die Familie im Film Ballon war es aber durchaus und wollte dort unbedingt weg. So eine Erfahrung habe ich in dem Alter aber nie gemacht.

Michael Bully Herbig ist bekannt für herausragende Filme. Wie waren denn die Dreharbeiten mit ihm?

Bully ist ein sehr bodenständiger, umsichtiger und feiner Mensch mit einem tollen subtilen Humor. Er denkt extrem schnell und weit voraus, hatte das ganze Drehbuch bis ins Detail inhaliert und wusste immer genau, was er wollte. Selbst wenn es mal anstrengend und hektisch wurde, ruhte er total in sich und war stets darauf bedacht, dass es allen gut geht. Mir hat es unglaublich viel Spaß gemacht mit ihm zu arbeiten.

Ballon Crew
Die Crew von Ballon

Was ist deiner Meinung nach das Besondere, das Ballon ausmacht?

Die Detailtreue, mit der in allen Gewerken gearbeitet wurde. Natürlich kann man so einen Heißluftballon auch digital in den Film einbauen, aber Bully war es wichtig, dass wir alle nachempfinden, was das für ein riesiges Ding war. Dazu kam: dieser Ballon hatte unten keinen Korb wie wir das heute kennen, sondern stattdessen eine quadratische Plattform, 1,40m x 1,40m. Diese Plattform war nur mithilfe einiger Stangen befestigt und als Seitenwände dienten ein paar Seile. Wenn man sich vorstellt, dass damals ein falscher Schritt gereicht hätte, um in die Tiefe zu stürzen – schrecklich. Diese kleinen und großen Details sind wichtig und machen den Film aus. Die beiden Familien haben sich entschieden, ihr ganzes Leben hinter sich zu lassen, um im Westen von vorne zu beginnen, sie konnten nichts mitnehmen außer sich selbst. Und am Ende schlägt dieses Thema natürlich auch einen Bogen zu unserer heutigen Flüchtlingsdebatte. Auch aus Deutschland flüchteten Menschen, begaben sich dabei in große Gefahr. Vielleicht kann hier nochmal ein neuer Blickwinkel entstehen – das fände ich gut.

Was hat es denn mit den vielen Farben am Ballon auf sich?

Nachdem der erste Fluchtversuch im Ballon scheiterte, entschieden sich die Familien für einen zweiten Versuch. Doch soviel Stoff am Stück zu kaufen war zu riskant, also wurde in unzähligen Stoffläden kleinere Stücke gekauft. Diese Fetzen hatten natürlich zwangsläufig unterschiedliche Farben. Das heißt also, dass wir uns nicht für Filmzwecke für solch einen bunten Ballon entschieden haben, sondern dass der damals 38 Meter hohe Ballon tatsächlich so aussah.

Gehen wir mal weg vom Film und hin zur privaten Karoline. Du spielst so viel – wie kriegst du denn alles auf die Reihe? Familie mit zwei Kids, die alltäglichen Arbeiten und dann noch die Schauspielerei?

Ich arbeite noch ausgewählter, seitdem ich Mutter bin. Und es ist, wie in allen Familien mit kleinen Kindern, ein logistischer Aufwand, den ich hin und wieder unterschätze. Wenn sich Termine überschneiden oder unerwartet länger dauern, wird’s manchmal eng. Dann gibt es zum Glück Nannys und die Großeltern.

Sollen deine Kinder später mal in deine Fußstapfen treten?

Die sollen später mal machen, was sie wollen. Kinder am Filmset finde ich immer schwierig und das möchte ich für meine Kinder auf gar keinen Fall. Man merkt den Unterschied, ob das Kind vor die Kamera möchte oder ob es die Eltern sind, die das möchten. Eltern von Drehkindern sind eine Spezies, mit der ich so meine Probleme habe, da werden oft eigene Egos auf Kosten der Kinder aufgewertet, das mag ich gar nicht.

Karoline Schuch

Ist denn bereits schauspielerisches Talent vorhanden?

Auf jeden Fall (lacht). Drama vor dem Spiegel, Komödie beim Zähneputzen,
Thriller beim Waldspaziergang – sie haben einiges zu bieten.

Wenn du zwischendurch mal abschaltest – wie können wir uns das vorstellen? Direkt ab in den Urlaub oder ziehst du dich hier etwas zurück?

Ich fahre meistens weg. Einfach raus. Dabei muss ich gar nicht zwingend super weit weg von zu Hause sein, die Hauptsache ist nur, dass ich nicht dort schlafe, wo ich es sonst tue. Irgendwo hin, wo wir in der Natur sein können und ich einen Perspektivenwechsel bekomme.

Und zum Schluss, drei kurze Fragen und Antworten von dir:

Ballon ist ein überragender Kinofilm, weil…

…Bully Herbig ihn gemacht hat.

Mein größter beruflicher Wunsch wäre ein Film mit…

…Isabelle Huppert.

Was man auf gar keinen Fall verpassen sollte, ist…

…nackt in einem Gebirgsbach zu baden.

 

Karoline Schuch & Daniel Heilig im Interview

 

Fotos: StudioCanal Deutschland / Marco Nagel, AJOURE´ Redaktion, Steffen Roth

AJOURE´ Redaktion
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