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Kolumne: Salsa für alle!

Die Eifersucht hat wohl genauso viele Falten, wie der älteste Beruf der Welt. Manche Menschen verspüren diese Emotionsregung kaum, andere neigen dazu, beim kleinsten Fremdflirt des Partners vollkommen auszurasten. Hier in Kolumbien beobachte ich Pärchen, um mir ein Bild von der Liebe in anderen Kulturen zu machen. Und sehe große Unterschiede zu uns in Deutschland.

Eifersucht ist eine weltweit verbreitete Emotion. Wir alle müssen uns wohl leider eingestehen, sie irgendwann mal verspürt zu haben, sei es auch in den hintersten Winkeln unserer Erinnerung.

Um mal einen ehrlichen Start hinzulegen: Ich kann sehr eifersüchtig sein. Sogar dann, wenn ich weiß, dass es überhaupt keinen Grund gibt, keinen Einfluss von außen, der es mir berechtigt, das Gefühl an meinem Partner auszulassen. Aber wie es eben immer der Fall ist, so können meist die Menschen oder Umstände gar nicht etwas zu unserem Empfinden. Sie sind lediglich ein Auslöser für das, was in uns schlummert. In puncto Eifersucht handelt es sich schlichtweg um fehlendes Selbstbewusstsein und Vertrauen. Nicht umsonst reiht sich die Frage „was hat sie, was ich nicht habe“ in die Steinzeitfragen an das eigene Selbst mit ein.

Ich bin mir sicher, dass es auch hier in Kolumbien Eifersucht in seiner eklatantesten Form gibt. Allerdings sehe ich sie bisher nicht, sondern beobachte meist etwas vollkommen anderes: Von Kopf bis Fuß entspannte Menschen. Das ist an einem speziellen Beispiel sehr gut sichtbar:

Jeder hier kann tanzen, die meisten wahrscheinlich, bevor sie überhaupt laufen können. Gerade Salsa, ein sehr körperbetonter und filigraner Tanz, wird hier überall praktiziert. Wenn man nun in einer Gruppe junger Leute in die Disco geht, dann schnappt sich jeder von ihnen den nächstbesten Tanzpartner – unabhängig davon, wer in einer Beziehung ist und wo der dazugehörige Partner steckt. Der tanzt eventuell schon längst mit einer Anderen. Nach ein paar Minuten geht man auseinander, lacht, Ende der Geschichte. Zu bedeuten haben die Berührungen rein gar nichts. Es ist reine Tradition, verankert in den Menschen, die hier leben.

In Deutschland wäre das nicht möglich. Zumindest behaupte ich, dass es viel öfter Probleme bei so etwas gäbe. Wer schnappt sich hier schon den Partner der besten Freundin, um mit ihm auf der Tanzfläche zu verschwinden? Wir Frauen spucken schon oftmals Feuer, wenn ein fremdes Mädchen unseren Freund lediglich anspricht. Und wie hoch ist die Mordrate aufgrund eines Eifersuchtsdramas? Liegt in Deutschland bei ca. 313 Todesfällen pro Jahr.

Es ist schon seltsam: Wir alle wären glücklicher ohne diese verdammte Eifersucht. Allerdings unternehmen wir kaum etwas dagegen. In manchen Beziehungen kommt dieses Thema mehrmals am Tag auf den Tisch. Immer wieder wird über irgendeine Nichtigkeit diskutiert, am Ende versöhnt und ewige Liebe geschworen, um kurze Zeit später durch den SMS-Verlauf des Partners zu stöbern.

Der Hypochonder lässt grüßen. Man ist nicht krank und es gibt auch keine Probleme, aber man baut sich welche und steigert sich hinein, weil man ohne nicht kann. Weil die Eifersucht mittlerweile ein großer Teil der Gesellschaft ist und man sogar schief angeschaut wird, wenn man sagen würde, dass man nicht wüsste, wie sich das anfühlt. Das weiß doch jedes Kind. Ja, aber sicherlich nicht auf der ganzen Welt. Denn manche Kulturen machen sich schlichtweg keine Gedanken über Dinge, die sie einfach nur unglücklich machen.

Foto: Red Hair Dancing von Paul Stein (Flickr) via cc by-sa 2.0

Anika Landsteiner
Anika Landsteinerhttps://anikalandsteiner.de/
Anika Landsteiner wurde 1987 geboren und arbeitet als Autorin und Journalistin. Ihr Fokus liegt dabei auf gesellschaftlichen Ungerechtigkeiten, Tabuthemen, Feminismus und Popkultur. Als Kolumnistin nimmt sie uns mit auf ihre gedanklichen Reisen und gibt uns immer wieder neue Denkansätze.

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