StartLifestyleKolumneKolumne: Ohne Worte.

Kolumne: Ohne Worte.

Welche Leidensgenossin schon mal mitbekommen hat, dass über sie gelästert wurde, weiß ganz genau, wovon ich spreche: Wir Frauen können unglaubliche Biester sein. So und jetzt nicht hinter dem Bildschirm verstecken und sich divenhaft darüber echauffieren! Es ist genau so:

Frauen lästern. Männer prügeln sich.

Warum ist das so? Frauen lästern vor allem zum Zeitvertreib, anders kann man es leider nicht sagen. Sind die Gesprächsthemen mit der Freundin abgehakt, hat man alles Wichtige geklärt, geht man über zu neuen Bereicherungen. Denn: Frau hat eine Meinung. Zu allem. Auch zu den Dingen, über die sie sich keine machen muss und die keiner wissen möchte. Frau muss sich mitteilen, sie muss sich ausdrücken, nachdenken, einstufen, charakterisieren, empfinden und vor allem alles verarbeiten, was ihr so über den Weg läuft. Und wenn das Menschen oder Ereignisse sind, die ihr nicht in den Kram passen (aus welchen erdenklichen Gründen auch immer), dann wird gelästert und zwar ohne Punkt und Komma. Haste die neue Frisur von der Heidi gesehen? Haste nich’ gesehen, so was!

Ganz schlimm wird es allerdings – übrigens für alle Beteiligten – wenn sich die Lästerschwester persönlich beleidigt oder angegriffen fühlt. Da werden die Krallen ausgefahren und die Wallemähne nach hinten geworfen. Das subtile Zähnefletschen beginnt und es ist mir immer wieder ein Rätsel, dass kein Mann etwas von den verbalen Kämpfen zwischen Frauen mitbekommt. Ein Freund von mir hatte mal so ein richtiges Biest im Schlepptau und der Clique vorgestellt. So eine, bei der du 30 Meter gegen den Wind schon merkst, dass mit der nicht gut Kirschen essen ist. Alle Frauen haben es gemerkt, alle Männer haben sie nur angestarrt. „Die ist doch so hübsch und lieb.“ Er hat es nie verstanden. Was mich perfekt dazu überleitet, warum Männer oftmals zu Handgreiflichkeiten übergehen:

Alles andere ist nicht plakativ genug. Außerdem ist der Mann ja eher pragmatisch veranlagt – was soll er also mit Lästereien seine Zeit totschlagen, wenn danach nichts Sinnvolles herauskommt? Eine Lösung der Situation wurde mit negativen Verbalergüssen schließlich noch nie gefunden, im Gegenteil, sie verhärten die Fronten noch mehr. Also krempelt der Mann lieber mal seine Ärmel hoch und spricht Tacheles. In seinen drei bis zehn Worten, die ihm eventuell nötig dafür scheinen und lediglich dazu dienen, den Schlagabtausch einzuleiten. Beispiele hierfür sind:

„Ey man, was laberst du meine Freundin an?“

„Kannst du auch mal die Klappe halten?“

„Was willst du eigentlich?“

Ich gebe zu, dass je höher der Alkoholpegel, desto größer die Chance auf eine kleine Schlägerei. Aber gerade, wenn es um eine Frau geht, herrscht die romantische Vorstellung immer noch weltweit, dass sich zu prügeln das einzig Wahre und Männliche sei, um sein Revier zu verteidigen und die Dame des Herzens zu beeindrucken. Nun ja, lassen wir das mal so stehen. Frau würde nun zwar wieder anfangen, darüber zu lästern und ihren nicht gefragten Senf dazu abgeben, aber die Ausnahmen bestätigen schließlich die Regel.

Foto: Anika Landsteiner

Anika Landsteiner
Anika Landsteinerhttps://anikalandsteiner.de/
Anika Landsteiner wurde 1987 geboren und arbeitet als Autorin und Journalistin. Ihr Fokus liegt dabei auf gesellschaftlichen Ungerechtigkeiten, Tabuthemen, Feminismus und Popkultur. Als Kolumnistin nimmt sie uns mit auf ihre gedanklichen Reisen und gibt uns immer wieder neue Denkansätze.

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