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Kolumne: Ich Tarzan, du… Jane!?

Ich musste ja wirklich laut loslachen, als meine Freundin mir neulich bei einem Glas Wein eröffnete, dass München – die Stadt, in der ich wohne – die Flirtstadt #1 sei. Das würde zumindest eine, nun ja, zuverlässige Printquelle behaupten. Also, ich weiß ja nicht, aber meiner Meinung nach ist München eher die Stadt des dezenten Lächelns, wo man sich meist höflich zunickt, jedoch alleine nach Hause geht.

München, Flirtstadt #1? So eine Aussage zu treffen, ist ungefähr genauso wagemutig, wie zu behaupten, Zehlendorf hätte einen bemerkenswerten Altstadtkern. Ich möchte ja nicht unfair klingen, aber wo sind sie denn, die riskanten, flirtbesessenen, Männer? Aus Erfahrungsberichten kenne ich eher die Tatsache, dass man in München meistens doof grinsend angestarrt wird, – so an die zwei bis drei Stunden – um dann noch doofer zu gehen. Alleine. Elvis left the building. Nix Beutezug.

Mich interessierte das Thema immer mehr und ich wusste, dass ich nur verlässliche Antworten bekommen würde, wenn ich ans andere Ufer schwimmen und einen Vertreter männlichen Geschlechts ausquetschen würde. Daraufhin hat mich ein Freund detailliert über die Flirtoffensive schlechthin aufgeklärt. Es folgt eine Zusammenfassung der wichtigsten Punkte, man(n) zücke Stift und Papier bei Bedarf:

  1. Auf das Mädchen zugehen, dabei beachten, dass man sich niemals frontal gegenüberstellt, sondern durch diagonales Abwenden signalisiert, dass man „auf dem Sprung sei“.
  2. Interesse zeigen, zuhören, sich ungezwungen unterhalten, eventuell taktische Komplimente machen, die allerdings ernst gemeint sein müssen.
  3. Maßnahmen ergreifen: Bevor es zu unangenehmen Schweigen kommt, sich charmant abwenden und sagen, man müsse mal wieder zurück zu seinen Freunden. Das sei nämlich nun angeblich der Punkt, der bei der Frau endgültiges Interesse weckt.
  4. Durchziehen. Abwarten.

Ich war baff und ging im Kopf alle meine Flirts der letzten Jahre durch. Und sah leider eindeutige Parallelen. Zur Krönung des Ganzen hörte ich nun im Radio eben diesen Erfahrungsbericht, allerdings aus Sicht der Frau. Sie rief an, erzählte ihre Story und versprach sich Erklärungsversuche männlicher Zuhörer (sind wir eigentlich nun an einem Punkt, an dem wir Frauen Ratgeberbücher kaufen müssen, um Männer zu verstehen?). Jedenfalls rief doch tatsächlich ein sogenannter „Flirt-Experte“ (ja, es darf gelacht werden) an, der dann erklärte, dass er den Männern in seinen Seminaren beibringt, sich so oder so ähnlich zu verhalten. Er brachte das Beispiel, man solle einer Frau sagen, dass sie definitiv die Schönste im Club sei und dass man ihr einen tollen Abend wünsche und dann aber von dannen ziehen und abwarten solle.

Daraufhin entstand eine heftige Geschlechterdiskussion, dass das alles nur noch mehr verkompliziert, als es eh schon sei. Seit wann sollen wir Frauen denn die Männer ansprechen? Nur, weil wir auf Emanzipation pochen und in der Politik angekommen sind, heißt das doch nicht, dass sie aufhören sollen, um uns zu kämpfen. Oder sich für uns zu prügeln – wer hat denn je behauptet, das sei unromantisch und überholt? Ich nicht.

Ani denkt - flirten

Jungs, wir dachten, ihr wollt männlich sein. Umdrehen, gehen und dann die Frau machen lassen? Das ist doch nichts. Ich meine, ihr wollt „Pretty Woman“ nicht anschauen (obwohl gerade bei dem Film der Lernfaktor enorm groß ist), aber angesprochen werden wollen? Das passt nicht zusammen. Also auf, zieht endlich mal blank und zeigt, was ihr drauf habt, das wird doch wohl ohne Flirtexperte und durchdachtes Vormarschieren in weibliche Gebiete möglich sein. Ich persönlich finde es sehr charmant, wenn mich ein Mann anspricht, der sich das zwar gut überlegt hat, ich ihm jedoch die Nervosität ansehen kann. Dann weiß ich nämlich, dass da jemand vor mir steht, dem anscheinend wirklich was daran liegt, mich kennenzulernen. Und ich habe die leise Hoffnung, dass ich nicht die zehnte Anmachadresse des heutigen Abends bin.

An letzter Stelle noch ein ganz einfacher Vorschlag, vor allem für die, die das Flirten im Nachtleben satt haben: Schaut mal nach links. Und dann nach rechts. Auch virtuell ist es erlaubt. Der oder die Richtige befindet sich nämlich oft direkt vor der Nase. Und ein kleines „Hallo, ich würde dich gerne kennenlernen“ reicht aus, solange man sich danach nicht umdreht und geht. Es wird schon noch kompliziert genug, da darf das erste Zusammentreffen doch reibungslos verlaufen, oder? In diesem Sinne:

Ihr bleibt Tarzan. Ob ihr wollt oder nicht!

 

Fotos: Anika Landsteiner

Anika Landsteiner
Anika Landsteinerhttps://anikalandsteiner.de/
Anika Landsteiner wurde 1987 geboren und arbeitet als Autorin und Journalistin. Ihr Fokus liegt dabei auf gesellschaftlichen Ungerechtigkeiten, Tabuthemen, Feminismus und Popkultur. Als Kolumnistin nimmt sie uns mit auf ihre gedanklichen Reisen und gibt uns immer wieder neue Denkansätze.

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