StartLifestyleKolumneKolumne: Die Geschichten nach dem Happy-End

Kolumne: Die Geschichten nach dem Happy-End

Carrie hat Jahre gebraucht, um Big für sich zu gewinnen. Witzigerweise mögen ihn fast alle Männer, die ich kenne. Klar, er hat ja sechs Staffeln lang Bindungsangst. Aber wie geht es weiter, wenn man den richtigen Mann gefunden hat? Und wer erzählt eigentlich die Geschichten nach dem Happy-End?

Es gibt sie nicht, die perfekte Beziehung. Zwar kann man füreinander perfekt sein, sich gegenseitig fordern und fördern, sich lieben, schlichtweg zusammenpassen. Trotzdem gibt es ein Leben lang Einflüsse von außen (und innen), die jede Partnerschaft beeinflussen und manchmal auf harte Proben stellen können.

Manche Beziehungen scheitern am Alltag, der wohl fieseste Einfluss von außen. Wer kann schon gut damit umgehen, wenn sich ein Tag an den Anderen reiht und diese sich kaum voneinander unterscheiden? Da muss man selbst aktiv werden, doch wir Menschen sind schlichtweg Gewohnheitstiere, finden Sicherheit in gleichen Abläufen und tun uns oftmals schwer, aus bekannten Kreisläufen auszubrechen. Man will ja schließlich kein Rebell sein.

Andere haben nicht den Alltag zum Feind sondern zu viele Abwechslungen. Wechselnde Umstände, in denen man sich immer wieder finden muss. Immer wieder sein Gegenüber neu kennenlernen, weil man sich beispielsweise lange nicht gesehen hat oder so viele Dinge erlebt, dass die Eindrücke gemeinsam verarbeitet werden müssen, um sich nicht zu verlieren.

Ich höre in Beziehungsfragen gerne auf alte Menschen. Wenn ich sehe, wie meine Großeltern immer noch Händchen haltend einen Spaziergang machen, dann geht mein Herz auf. Und die haben weiß Gott mehr durchgemacht, als ich es wahrscheinlich je tun werde.

Und ich lasse mir gerne sagen, dass Liebe auch Arbeit bedeutet. Denn sobald die Schmetterlinge ausgeflogen sind, geben schon die Ersten auf und fliegen ebenfalls weg. Wir wollen es eben immer schön, immer bequem, immer perfekt, immer rosarot und mit Glitzer bestreut.

Für mich, und wahrscheinlich für alle anderen Zuschauer auch, war immer klar, dass Big der Richtige für Carrie ist. Und dass es eben ein bisschen dauern würde, bis auch er das begreift. Es ist schließlich nichts Neues, dass Männer oftmals ein bisschen länger brauchen, um sich Dinge Gefühle einzugestehen. Ich fand es sehr schön, dass die Filme gezeigt haben, wie es eben danach weitergeht. Nach dem Happy-End. Diese Geschichten erzählt kaum jemand, dabei sind es doch genau die, die uns tagtäglich beschäftigen. So lange das Leben weitergeht, gibt es kein Ende, also auch keins aus Hollywood. Alles bleibt im Fluss, an allem muss gewerkelt werden und was nicht passt, muss passend gemacht oder eben verabschiedet werden.

Glückliche Beziehungen beinhalten also auch Arbeit. Was wir dabei manchmal vergessen ist, dass Arbeit auch schön sein kann und nicht automatisch heißt, man würde nicht mehr im gleichen Boot sitzen. Es sei dann, man fängt an zu kämpfen. Damit hat dann einer schlichtweg das Boot verlassen.

Carrie und Big sind immer wieder gescheitert, allerdings nie ganz untergegangen. Der Funke, der alles am Leben erhält, ist immer geblieben.
Und wie heißt es so schön von Samuel Beckett?
„Immer versucht. Immer gescheitert. Einerlei. Wieder versuchen. Wieder scheitern. Besser scheitern.“

Auf dass wir ganz oft scheitern und daran wachsen anstatt unterzugehen.

Foto: Anika Landsteiner

Anika Landsteiner
Anika Landsteinerhttps://anikalandsteiner.de/
Anika Landsteiner wurde 1987 geboren und arbeitet als Autorin und Journalistin. Ihr Fokus liegt dabei auf gesellschaftlichen Ungerechtigkeiten, Tabuthemen, Feminismus und Popkultur. Als Kolumnistin nimmt sie uns mit auf ihre gedanklichen Reisen und gibt uns immer wieder neue Denkansätze.

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