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Stefanie Kloß & Silbermond: Das neue Album mit dem Blick in die Vergangenheit und die Zukunft

Auch wenn das Jahr dem Ende zugeht, bedeutet das für Silbermond noch lange nicht, kein neues Album auf den Markt zu bringen. Im Gegenteil, wir hatten das Gefühl, dass besonders jetzt sehr viel Energie in der Band steckt und sich jeder extrem auf das Album gefreut hat. Zum wiederholten Mal zeigen Silbermond, was sie können, woher sie kommen und wohin sie ihre Schritte bis heute geführt haben. Genau aus diesem Grund hat sich die Band auch für den Albumtitel „Schritte“ entschieden. Wir wollten es natürlich genau wissen und haben uns mit Steffi Kloß und ihrem Bandkollegen Andreas Nowak getroffen und können schon vorab so viel verraten: Es war ein tolles Interview.

Am 15.11. erschien euer neues Album „Schritte“. Für eure Fans, die es noch nicht gehört haben, worauf können sie sich freuen und was ist musikalisch anders als bei euren Alben „Leichtes Gepäck“ oder „Himmel auf“?

Es ist ja so, dass das wahrscheinlich eine sehr subjektive Sache ist, denn jeder Hörer nimmt das natürlich anders wahr. Wir als Band können sagen, dass wir bei dem Album sehr nah aneinandergerückt sind, denn es sind sehr private und intime Lieder darauf. Es gibt sozusagen kein Lied, für das wir uns schämen (lacht). Diese Essenz und Form bei einem Album hatten wir bisher noch nicht, auch wenn es bei „Leichtes Gepäck“ vielleicht ansatzweise bereits der Fall gewesen ist. Für uns ist dieses Mal jedes Lied sehr stark und deswegen sind wir sehr stolz auf diese Platte. Dennoch muss jeder Fan die Songs individuell hören und dann selbst entscheiden, wie er oder sie diese Frage beantwortet. Wir als Band können das nicht wirklich sagen.

Du sagtest, es sei kein Lied darauf, für welches ihr euch schämen müsstet. Kamt ihr denn in der Vergangenheit irgendwann einmal zu dem Entschluss, dass ihr euch für einen eurer Song schämen müsstet?

Ich sage es mal so: Wenn man schon so eine lange Bandgeschichte hat wie wir, (bei unserer ersten Platte 2004 war ich 19 Jahre alt), dann ist natürlich klar, dass man damals ganz andere Themen hatte, die einfach mehr im Fokus standen. Da gibt es sicherlich ein bis zwei Songs, die wir heute nicht mehr live spielen und wo wir aus heutiger Perspektive sagen, dass das Lied vielleicht nicht hätte sein müssen. Ich bin kein Fan von „hätte-hätte-Fahrradkette“, denn ich finde, dass alles, was wir geschrieben haben und all die Schritte, die wir bis hierher gegangen sind, ihren guten Grund hatten. Genau deshalb passt meiner Meinung nach auch der neue Albumtitel „Schritte“ so gut dazu. Denn wir kommen von irgendwo her und verschiedenste Schritte haben dazu geführt, dass wir jetzt sind, wo wir sind und sie werden dazu führen, dass wir dort ankommen, wo wir hingehen möchten. Das ist sozusagen die Essenz der ganzen Platte; sie schaut auf die gemachten Erfahrungen zurück, wie uns diese eventuell geprägt haben und wie wir all das mit ins Jetzt, ins Heute mitnehmen können. Aber eben auch weiter nach vorne. Das Album fühlt sich sehr gut an und wir wissen genau, dass wir mit „Schritte“ unseren nächsten wichtigen Schritt gegangen sind.

Silbermond im Interview

Zwischen 2004 und heute habt ihr fünf Studioalben veröffentlicht. „Schritte“ wird das Sechste werden und tritt in sehr große Fußstapfen, denn alle eure Alben haben mehrfach Gold oder mehrfach Platin. Welches Merkmal des neuen Albums wird dafür sorgen, ebenfalls durch die Decke zu gehen?

Das ist eine gute Frage (lacht)! Am Ende sind es immer die Lieder, denn entweder machen diese etwas mit den Leuten oder eben nicht. Manchmal ist es aber auch so, dass wir gemeinsam im Proberaum sitzen und es nicht immer einfach ist, dass der ganzen Band dann das Lied gefällt, welches wir gerade geschrieben haben. Auf der anderen Seite ist diese Tatsache aber wiederum das Schöne an einer Band, denn Solokünstler klingen ja immer etwas anders. Wenn wir alle das Gefühl haben, dass der Song gut ist und wir Spaß daran haben, dann haben wir im Prinzip schon alles Menschenmögliche getan, um den Erfolg eines Songs oder eines ganzen Albums in die Wege zu leiten. Ob es dann durch die Decke geht, können wir natürlich nicht beeinflussen, doch das Wichtigste ist in diesem Fall, dass es uns selbst gefällt, denn wenn wir damit drei Jahre auf Tour sind und die Songs nicht mögen, dann macht uns das seelisch etwas mürbe.

Apropos „Tour“. Wird es eine Tour, die ausschließlich eure neuen Songs zum Besten gibt oder wird es eine Compilation aus euren erfolgreichsten Stücken?

The best of the best (lacht)! Die neue Platte hat ja „nur“ zehn Lieder und somit wäre es ein sehr kurzes Konzert, spielten wir nur die neuen Songs. Jetzt sind wir aber dafür bekannt, dass wir gerne spielen und den Leuten auch gerne etwas mitgeben, denn sie haben sich die Zeit genommen uns zuzuhören und uns zu sehen. Es wird eine schöne Zusammenstellung aus vielen unserer Lieder geben. Wenn man so viele Platten herausgebracht hat wie wir, dann hat man einfach den Luxus, aus dem Vollen schöpfen zu dürfen und schauen zu können, wie sich die Dynamik der Setlist am besten ergibt. Das Schöne an den neuen Songs ist tatsächlich, dass sie im Proberaum sofort funktionieren. Dadurch, dass wir sie so organisch haben entstehen lassen, funktionieren sie total und fühlen sich gut an. Ich glaube, dass sie sich sehr gut mit den bekannten Songs wie „Symphonie“ oder „Leichtes Gepäck“ vertragen. Von daher ist die Vorfreude auf die Tour jetzt schon sehr groß!

Der Name des Albums ist gleichzeitig der Name des ersten Tracks „Schritte“. Ein biografischer Bogen von deiner Ost-Biografie bis hin zu deiner Mutterschaft. Wie kam es zu dem Song und weshalb läutet gerade dieser das neue Album ein?

Es ist natürlich auf der einen Seite der erste Song, da das Album auch so heißt und da der Song im Großen und Ganzen sehr gut die Platte an sich widerspiegelt. Es ist meine Geschichte und die Schritte, die ich in meinem Leben gegangen bin. Aber ein großer Teil davon ist ja auch die Band. Ein Circle-Of-Life sozusagen. Es geht los mit meiner Kindheit, schlägt den Bogen dann zum Jetzt und dass ich Mutter geworden bin. Doch so ist es auch für uns als Band. Jeder Schritt bedeutet lebendig-sein und lebendig-bleiben. Dass wir als Band noch immer existieren, ist schon eine große Leistung an sich, worauf wir zurecht stolz sind. Es ist immer wieder ein Kämpfen, denn nicht jeder Schritt ist immer leicht zu gehen. Wir sind auch schon hin und wieder einen vor und zwei zurück, wir gingen Schritte, die uns schwerfielen, wir sind Schritte gegangen, die mit Erfolg zu tun haben, mit Niederlagen und Hürden, doch all das ist das, was das Leben eben so ausmacht. Deshalb bietet der erste Song auf dem Album den perfekten Rahmen, um die Leute in die neue Silbermond-Welt 2019 eintauchen zu lassen.

Bei euren neuen Songs äußert und positioniert ihr euch zu persönlichen, wie auch zu gesellschaftlichen Themen, ohne dabei textlich oder musikalisch „abzuheben“ oder zu pompös zu werden. Wie wichtig ist genau diese Kombination, um eure Message passend zu transportieren und ans Ziel zu bringen?

Das ist total wichtig, denn es ist nicht einfach, den Ton bei politischen oder gesellschaftlichen Themen zu treffen. Du kannst diesen komplexen Rahmen nicht vollständig bedienen, denn es gibt so viele Unter-Themen, dass nicht alles auf einmal in einen Song passt. Uns ist wichtig, dass dennoch der Ton stimmt und niemand das Gefühl hat, dass wir diejenigen sind, die mit dem Zeigefinger deuten. Ich persönlich mag es auch nicht, wenn ich Lieder höre und es so rüberkommt, als ob die Sängerin oder der Sänger jetzt die Heiligkeit höchstpersönlich ist. Wir versuchen den Ton so zu treffen, dass die Leute das Thema annehmen, um dann dennoch etwas Eigenes daraus machen zu können.

Bei unserem Lied „Mein Osten“, welches wir im Mai veröffentlichten, ist es auch so. Es geht um unsere Heimat und die Situation vor Ort und wir haben gesagt, dass wenn das Lied für uns stimmig ist, wir dieses einfach rausbringen. Bis jetzt hat sich unsere Denkweise immer ganz gut bestätigt, denn die Fans sagen oft, dass es sich um tolle Themen handelt, die sie dann tatsächlich auch annehmen. Wir wollen keine politische Band sein, doch es wäre auch falsch, jetzt aktuell die Augen zuzumachen.

Song Nummer sieben heißt „Amy“. Die Strophe „Schäm dich für nichts“ lässt natürlich vieles erahnen, aber welche Geschichte steckt hinter diesem Lied?

Die Amy gibt es tatsächlich, auch wenn der Name von der Bandredaktion geändert wurde. Sie kam nach einem Konzert zu mir und bedankte sich für die Songs und dass es uns gibt. Sie sagte, dass ihr unsere Lieder in ihrem Leben sehr helfen und ihr Kraft geben und dass ich ihr viel Energie gebe, da sie sieht, wie taff ich auf der Bühne bin und ebenso im wahren Leben. Allerdings glaube ich aber auch, dass ich vor vielen Jahren selbst mal eine Amy war, die 14 Jahre alt war und Momente hatte, die ihr wahnsinnig viel Selbstbewusstsein genommen haben. Ich war eben keine von den hübschesten Mädels der Schule, ich war keine von denen, die sich mit 14 geschminkt haben, ich war keine der Mädels, die sich die teuren Markenklamotten leisten konnte und ich habe auch mitbekommen, wie andere Mädchen hinter meinem Rücken sagten, ich könne ruhig auch mal wieder meine Haare schneiden. Was ich aber hatte, war eine Band, in der ich singen konnte und das hat mich glücklich gemacht. Heute lacht man natürlich darüber, aber Fakt ist, dass mich das damals so aus der Bahn geworfen hat, da ich nicht verstehen konnte, wie man so gemein sein kann.

Ich wünsche mir heute, dass die jungen Mädels ihre eigene reale Welt schaffen und nicht Instagram und andere soziale Kanäle als Maßstab nehmen. Sie sollen nicht glauben, dass das, was da so den ganzen Tag gepostet wird, das Non-Plus-Ultra sei, sondern dass sie es immer wieder schaffen, sich in ihre Welt zurückzuholen und zu sagen „das ist meine reale Welt und es ist okay wie ich bin!“

Ein ebenfalls tolles und gleichzeitig trauriges Lied auf „Schritte“ ist der Song „In meiner Erinnerung“. Eine Story, die dir 2003 passierte und die wir 16 Jahre später hören dürfen. Warum jetzt und worum geht es?

Auch eine gute Frage (grinst)! Es gibt ein paar Sachen, für die man versucht, einen guten Platz zu finden, weil man vielleicht hofft, dass sie nicht in Vergessenheit geraten, aber dennoch kurz ausruhen können. Dann hast du zwar gedacht, dass sie an diesem Platz gut aufgehoben sind und nicht hochkommen und auf einmal, sozusagen 16 Jahre später, stellst du fest, dass sie dich noch immer beschäftigen und lebendiger sind, als du vermutet hättest. Ich habe 2003 sehr früh meinen Vater verloren und habe festgestellt, dass ich zum damaligen Zeitpunkt sehr viel schneller erwachsen werden musste, als mir recht war. Es geht in dem Lied nicht nur über den Verlust an sich und was es mit dir macht und wie du daran wächst, sondern auch um diese Frage, ob du an diesem Erlebnis des Lebens zerbrichst oder nicht, oder ob du vielleicht eine gewisse Stärke daraus ziehst, so schwer es womöglich auch sein mag. Für mich geht es in dem Lied auch mehr um die Frage, was wir den Menschen zur Lebenszeit geben und warum wir manchmal so lange damit warten. Warum fällt es uns schwer zu teilen und weshalb sind wir so knausrig mit unserer Zuwendung? Manchmal glaubt man, man habe für einige Dinge mehr Zeit, als es eigentlich der Fall ist. Das ist wiederum das Positive, das dieses Lied eben auch hat. Neben dieser traurigen Seite und dem Zurückschauen, hat es für mich auch etwas, was dich nach vorne schauen lässt. Du hast jetzt die Chance, etwas zu entscheiden, etwas zu hinterlassen, was den Menschen, wenn du selbst einmal nicht mehr da bist, helfen wird, mit dieser Situation umzugehen und eventuell den Schmerz lindern kann.

Gibt es auf „Schritte“ einen Song, der dir persönlich sehr am Herzen liegt?

Ich glaube, wir mögen einfach jeden Song. Jeder hat etwas Tolles auf seine eigene Weise und wir haben versucht, die Lieder sehr abwechslungsreich zu gestalten. Ich persönlich mag sehr gerne „Ein schöner Schluss“, denn es hat eine sehr schöne Aussage und ist kräftig und stark. Dieser Song rundet das Album irgendwie ab und hat etwas mit dankbar sein zu tun. Man selbst schaut ja immer mal gerne nach nebenan und denkt sich, dass dort das Gras grüner ist als bei einem selbst. Dabei könnte man aber für einen kurzen Moment auch sagen: Es ist gut so wie es ist!

Seit eineinhalb Jahren bist du Mutter, doch von einer klassischen Mutterschutz-Pause ist nichts zu sehen. Im Gegenteil, zwischen Januar und Februar und von Mai bis September steht eure neue Tour an, mit 25 Auftritten beinahe deutschlandweit. Wie schaffst du diesen Spagat zwischen Arbeit und Kind?

Der Sommer ist noch weiterhin in Planung und es heißt nicht, dass wir nicht auch 2020 noch ins Saarland kommen. Ich kann zwar nichts versprechen, doch aktuell ist alles noch in Bewegung.

Witzigerweise habe ich vor drei Tagen einen guten Kommentar von einer Frau gelesen, die auch berufstätig ist und gefragt wurde, wie sie das mit dem Kind schafft. Ihre Antwort lautete: „Würde man das Männer eigentlich auch fragen?“ Ganz viele Frauen schaffen das, selbst dann, wenn sie vielleicht keine Familie haben, die sie unterstützen oder gar alleinerziehend sind. Wir selbst haben das Glück, viel Unterstützung seitens der Familie und der Band zu bekommen. Es ist, und das wird jeder mit Kind bestätigen können, eine Herausforderung. Die Nächte sind kürzer und man genießt jede Sekunde Schlaf, die man bekommen kann, doch auf der anderen Seite ist ein Kind auch eine unfassbare Bereicherung. Auch als Band ist das eine Herausforderung, denn einiges ist etwas chaotischer als vorher und anderes wiederum ist geordneter. Es ist also verrückt, chaotisch und alles total machbar!

Was hat sich denn alles verändert, seitdem du Mutter bist? Haben diese Veränderungen Platz im neuen Album gefunden?

Dadurch, dass ja die Hälfte der Band Eltern wurde, also Thomas und ich, hat es natürlich Einfluss genommen. Einen Song wie „Hand aufs Herz“ hätte es wohl vor eineinhalb Jahren noch nicht gegeben und es macht viele Gedanken auf. Man denkt darüber nach, wie die eigene Kindheit war, wie waren deine Eltern zu dir, bist du so wie deine Mutter und findest du das selbst gut? Hier entstehen natürlich einige neue Gedanken, die vorher so noch nicht da gewesen sind.

Silbermond hat ja noch nie Einschlaflieder gesungen. Jetzt als Mutter wirst du aber diese Lieder brauchen. Singst du deinem Sohn einen eurer Songs vor oder wie dürfen wir uns das vorstellen?

(lacht)! Man muss sagen, dass der Kleine schon sehr seinen eigenen Kopf hat und ein Lied immer wieder hören will. Ganz aktuell ist es „Der Mond“, was sehr kitschig klingt. Doch vor einigen Wochen war Vollmond und dadurch hat er sich an diesem Mond gerade etwas festgebissen. Ich beschäftige mich zurzeit also intensiv mit diesem Text, da ich nicht so ganz textsicher war (lacht).

Vielen Dank Steffi und Andreas, dass ihr euch die Zeit für uns genommen habt. Wir wünschen euch schöne Feiertage und einen guten Rutsch ins neue Jahr, viel Erfolg weiterhin und eine tolle Tour 2020.

Stefanie Kloß & Silbermond im Interview
Steffi Kloß und Andreas Nowak von Silbermond mit Daniel Heilig im Interview

 

Fotos: Jens Koch

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AJOURE´ Redaktion
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